Hallo, Timo,
ein Gedicht, das mich an meine Spaziergänge letztes Jahr erinnert. Dieses Jahr lässt uns der Winter bislang ja eher "im Stich", denn von Schnee kann vielerorts nicht die Rede sein. Was ich immer wieder sehr schade finde, auch wenn Schneefall immer wieder zu Behinderungen im Straßenverkehr führt - so ein Spaziergang über Wiesen und Felder, die unter einer dicken Schneedecke liegen, das ist etwas wirklich Schönes. Ganz besonders, wenn die Sonne scheint und die Eiskristalle des Schnees zum Glitzern bringt.
Und es stimmt, unter der Schneedecke liegt "das Leben verborgen" und "schläft" dem nächsten Frühling entgegen.
Ich kann nicht sagen, ob ich mich irre (möglich ist es), aber mir scheint die zweite Strophe inhaltlich der ersten "entgegengesetzt" zu sein. Während Strophe 1, besonders durch das auffordernde "Schau" die "schöne Seite" des Winters (und des Schnees) zeigt, spricht für mich Strophe 2 vom "Rückzug". Der "eisige Hauch des Windes" und das "frierende Nach-Hause-gehen" klingen für mich ganz danach, als ob der Winter, trotz seiner Schönheit auch eine "bedrohliche" Seite hat. Der letzte Vers fällt auch "klanglich" aus dem Rahmen.
Wenn ich mir die Vokale in den Endreimen betrachte, dann sieht es so aus:
e-e
ei
ei
o-e
ei
a-e
au
au-e
a-i
Da dein Gedicht keine Endreime hat, übt die Vokalisation hier eine starke Wirkung aus. Der erste Vers in Strophe 2 wirkt wie eine "Überleitung" zu einem "anderen Tonfall", der sich dann im letzten Vers besonders "verdeutlicht".
Das ist gut gemacht!
Ich möchte lediglich erwähnen, dass die Interpunktion nicht stimmig ist. Es gibt zwei Möglichkeiten: Sie ganz zu entfernen oder die fehlenden Zeichen zu setzen. Das ist natürlich reine "Geschmackssache", nur "schmälert" leider die "teilweise" Interpunktion ein wenig die "Wirkung" des Gedichts.
Zitat:
Schau, die schneebedeckten Felder,
weiß, so weit
das Auge reicht.
Überall liegt noch verborgen,
Leben, was sich bald uns zeigt.
Jetzt erglühen Eiskristalle
in des Windes eis'gem Hauch;
frierend gehen wir nach Hause,
setzen uns an den Kamin.
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Zitat:
schau die schneebedeckten felder
weiß so weit
das auge reicht
überall liegt noch verborgen
leben was sich bald uns zeigt
jetzt erglühen eiskristalle
in des windes eis'gem hauch
frierend gehen wir nach hause
setzen uns an den kamin
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Noch ein Tipp: Du verwendet hier bei "eis´gem" den "accent aigu", was ein Betonungszeichen ist - der "richtige" Apostroph findet sich rechts, über dem Rautezeichen (# '). Dann entsteht auch kein so großer Abstand zwischen den Buchstaben. Allerdings benötigen Elisionen (Wortverkürzungen) seit der Rechtschreibreform keine Apostrophe mehr, außer, das Wort "es" wird verkürzt. Das nur als Hinweis.
Wie du siehst, hat jede der beiden Varianten, die ich oben angeführt habe, ihre "eigene Wirkung". Ich finde, dass ein Gedicht sich nur dann "wirklich entfalten" kann, wenn es
einheitlich ist - also entweder vollständige Interpunktion mit Groß- und Kleinschreibung oder überhaupt keine Satzzeichen, dafür dann aber auch konsequent in Kleinschreibung. Was "dazwischen" liegt, neigt leider dazu, "uneinheitlich (ungeordnet)" zu wirken.
Meine Hinweise sollen allerdings nur erklären, es liegt mir selbstverständlich absolut fern, dir meine Ansichten "aufzudrängen", also bitte nicht falsch verstehen! Ich wollte nur veranschaulichen, dass Satzzeichen und Groß-/Kleinschreibung in ihrer Wirkung häufig "unterschätzt" werden - beispielsweise wird die zweite Variante wesentlich schneller gelesen, stimmt's? Man kann mit diesen Mitteln viel "Wirkung" erzielen und sowohl Lesegeschwindigkeit als auch den "Leserhythmus" (z. B. gezieltes Setzen von (Lese)Pausen) "steuern" - mit besonders starker Wirkung in Freien Versen.
Gerne gelesen und kommentiert!
Liebe Grüße
Stimme