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Alt 21.02.2012, 20:44   #2
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asphaltwaldwesen
 
Registriert seit: 31.03.2009
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"gedichte sind gemalte fensterscheiben" - im sinne goethes meinte das, dass man ihren glanz, ihre farbenvielfalt und ihr inneres leuchten - also ihr wahres vermögen - erst erkennen kann, wenn man von innen (in der kirche) daraufsieht. für den, der von außen (im vorbeigehen) draufschaut, bleiben die scheiben grau in grau.

das gilt auch heute noch für viele dinge - die menschheit will das bloß nicht mehr wahrhaben, behaupte ich. weils viel zu viel zeit kosten würde, sich in dinge so zu vertiefen, dass man deren wahren gehalt in seinem ganzen umfang erkennen und verinnerlichen (vielleicht sogar genießen) kann. die zeit hat heute keiner mehr. zeit ist geld. und das wird sicher nicht in etwas investiert, dessen gehalt sich nicht schon in der hülle zeigt, beim ersten flüchtigen blick. sicher nicht in etwas, das zu prüfen vor dem erwerb, man weder zeit noch mühe investieren möchte.

die verpackung ist heute mehr wert als der inhalt. die aufmachung wichtiger als das, was der inhalt leistet. weils schneller geht.

oberfläche wird zu gehalt. verpackung zum eigentlichen inhalt. das innen interessiert nicht mehr. die entgleisung von innen und außen ist, was die menschheit aus der bahn wirft und sie diesen kurs weiter vorantreiben lässt.

lebensphilosophie im 21. jahrhundert... von innerem glanz kann da keine rede sein. kirchenfenster sind out, nicht zeitgemäß, zu schwerfällig in der erschließung. man kann sie nichtmal kaufen.


ein "schwergewichtiger" text, lieber thomas, den ich gerne gelesen habe.


lieber gruß,

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"Gedichte sind Geschenke an die Aufmerksamen" Paul Celan
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