es geht um gott, lieber thomas,
oder?
das ist zumindest meine erste lesart und die automatische assoziation, wenn ich lese
Zitat:
Er hatte es nun endlich,
nach vielen Jahren, eingesehen,
dass sie nun ganz erwachsen waren,
ihn einfach nicht mehr brauchten,
und keiner ihn mehr haben wollte.
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in verbindung mit
Zitat:
Er nahm von allen Sternen seine Bilder,
...
So nahm er seine Bürde auf den Rücken.
Da wollte auch die Liebe nicht mehr bleiben
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und
Zitat:
Er drehte sich noch einmal um
und wünschte allen Menschen Glück,
und ging – wohin ist unbekannt.
Nur dieser Haken an der Wand,
wo einst der Rucksack hing,
blieb hier als Souvenir
zurück.
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der haken an der wand = darauf hing das symbol für die kirche, jesus am kreuz in dem fall. es könnte aber - weil du es ja relativ "frei" lässt, auch ein anderes symbol einer anderen kirche sein. doch drängt sich die christliche religion am ehesten auf, wegen des themas der vaterfigur, der liebe, die erwähnt wird, und der "(welt)ordnung", die gott wieder mitnimmt, da die menschen sich inzwischen ihre eigene über seine gebaut haben und die basis sozusagen "vergessen" ist unter all den "menschlichen errungenschaften".
dass er auch die poesie, die musik, all das, was diese schönen erlebbaren phänomene in der welt begründet und mehr ist als bloße logische anwendung von regeln, mitnimmt, sagt mir, dass die menschen den wahren sinn oder gehalt in diesen dingen längst nicht mehr erkennen oder sehen wollen. sie haben es zu "ihrem" gemacht und es hat seine ursprüngliche natur - die der freude und liebe und schönheit im sein - verloren.
ein enttäuschter gott, wenn auch nicht ein zorniger (was mir besonders gefällt, weil es das bild gottes in der katholischen kirche ein wenig "ver-rückt"), zieht sich leise zurück, weil er erkennt, dass die menschen aus seiner ordnung etwas gemacht haben, das ihnen inzwischen gleich ist, anstatt dass etwas göttliches sie eine form von erhabenheit spüren und erkennen lässt.
spannend ist vor allem, dass ich mir in meiner lesart nicht ganz sicher sein kann, nicht sein muss und auch nicht bin. ich finde aber genau den spielraum, den dein gedicht dadurch eröffnet, hier eine sehr feine sache.
so lese ich es jedenfalls und finde es sehr poetisch, voller tiefer gedanken und leiser melancholie. sehr gerne gelesen also.
lieber gruß,
fee