Thema: Tränen III
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Alt 06.11.2012, 09:19   #5
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi, Dana!

Sehr empathisch beschreibst du hier eine Frau, die ihre Lebensenttäuschung, ihre Verletzungen hinter einer Maske verbirgt, sie sublimiert.
Abgesehen vom Femininen kann ich das sehr gut nachempfinden, geht es mir diesbezüglich in vielen Punkten meines Lebensplanes - soweit vorhanden - ähnlich.

Ein paar Details stören mich doch (war ja wohl klar, oder?):

S1Z1 - Komma nach "mehr".

S2Z1 - schöner: "...und zu Ganzem (oder: zum Ganzen) finden"

S2Z3 - bei "war nicht fähig zu verwinden" fehlt mir, dass nicht dabeisteht, WAS sie nicht fähig zu verwinden war - das wird bei Nutzung dieser Phrase nämlich normalerweise mitgeliefert. Dass sie allein auf weiter Flur steht, lässt die Aussage unfertig, ja nackt erscheinen.
Alternative:
"sie war nicht fähig zu verwinden,
was sie in kalten Nächten plagt."

S3Z4 - Das "ist's" wirkt, gemessen am gewichtigen Inhalt der Zeilen, fast allzu heiter-beschwingt. Alternative: "so gilt es nur wie ein Signal,"

S4Z3,4 - Hier ist leicht misszuverstehen, wie das gemeint ist, nämlich als Mantra, das ihr hilft, ihre Verletzungen zu sublimieren. Man fragt sich eher (wenn man nicht ganz genau liest...), warum hier plötzlich von Lebensmut die Rede ist, bei all den Zeilen davor. Es wäre deutlicher, dem Lebensmut ein erklärendes Attribut zuzuordnen:
Alternative:
"..., // und ihre Schatten sind bloß Fetzen
im aufgesetzten Lebensmut."

Alle Vorschläge umgesetzt läse sich das Gedicht nun so:


Zitat:
Zitat von Dana Beitrag anzeigen
.
.


Sie weiß nicht mehr, wie Tränen schmecken,
so lang schon hat sie nicht geweint.
Gefühle starren aus den Ecken
und wollen sich, mit ihr vereint,

befreien und zu Ganzem finden,
gelebt sein und nicht hinterfragt.
Sie war nicht fähig zu verwinden,
was sie in kalten Nächten plagt.

Nach außen lebt sie froh und heiter,
die Tiefs dazwischen sind normal;
und geht es irgendwann nicht weiter
so gilt es nur wie ein Signal,

die Leichtigkeit nach vorn zu setzen.
Dann läuft es wieder, alles gut,
und ihre Schatten sind bloß Fetzen
im aufgesetzten Lebensmut.
.
.
Ich weiß, es ist Geschmackssache, aber für mich liest es sich jetzt klarer und runder.
Sehr gerne gelesen und bearbeitet!

LG, eKy
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