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Alt 28.11.2012, 19:12   #9
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Servus Erich,

eine wunderschöne Liebeserklärung ist das.
Was kann man einer Frau Schöneres sagen?

"Du bist bei mir und das ist alles, was ich brauche."

Die Räuberleiter ist mir auch sehr positiv aufgefallen, denn was kann man sich mehr wünschen, als eine(n) Partner(in), mit der(m) man Pferde stehlen kann.
Das ist aber nur eine Deutung. Dazu unten gleich mehr.

Du bist bei mir, was brauch ich mehr
als deine Nähe um mich her,
der Augen Wärme, ihr Betasten
der Bürden, welche auf mir lasten,
der Finger zärtliches Verlangen
nach meinen, die sich darin fangen.


Das ist eine sehr sanfte Strophe, die mehr als nur die reine Zärtlichkeit des Händchenhaltens ausdrückt, denn ich finde hier den alten Spruch "geteiltes Leid ist halbes Leid" wieder.
Wenn jemand an den Bürden (Leiden, Lasten, Pflichten) des anderen teilnimmt, ihm Trost und Wärme spendet, ihm zuspricht, dann lässt sich fürwahr manches leichter ertragen.
Es gibt Sicherheit.
Was braucht man mehr?

Du bist bei mir, was brauch ich weiter
als deiner Liebe Räuberleiter
zu unserm Nest, das in Gedanken
wir immer weiterbaun und -ranken
zu dieser trauten Zweisamkeit,
die weder Fordern kennt noch Neid.


Das steckt eine feine und wunderbare Erotik drin.
Jawoll, lass uns über unsere kleine Räuberleiter, die ja nur wir beide alleine kennen, in unser kleines Liebesnest flüchten, abseits all der Bürden aus der ersten Strophe und dort das tun, was zwei vertraut Liebende auch miteinander tun sollten und zwar frei von allen Bedingungen.
Ein bedingungsloses Spiel zweier Individuen, bei dem es am Ende immer zwei Gewinner gibt.
Für den, der es mag ist das ein wunderschönes Bild.
Ich mag es, sehr sogar und ich weiß.

Du bist bei mir, was brauch ich wohl
noch sonst an diesem Ruhepol,
den mir dein Mienenspiel verheißt,
wenn du auch mir dich nahe weißt.
Des Tages Mühlen halten still,
wo alles ist, wie man es will.


Ein Mensch, der einem freundlich gesonnen ist und selbst in eigenen Leidenszeiten in seinen Zügen ein liebendes Wesen zeigt, kann dies nur, wenn es sich genau so gut aufgehoben fühlt.
Es ist dann für beide, als ob man in einen Spiegel schaue.
So kann man das Leben und die ganze Mistwelt ertragen.

Ein wunderschönes Bild nur?
Eine Utopie?
Für die meisten vielleicht, aber dennoch möglich, wenn man nur bereit ist, des Anderen Wesen zu akzeptieren.
Und wenn die inneren Werte stimmen, spielen auch die äußerlichen Attribute nur noch eine untergeordnete Rolle.
Das darf man sich wünschen und wenn es sich irgendwie ergibt, dann sollte man die Gelegenheit beim Schopfe packen und es verwirklichen.


Und wenn jetzt irgendeiner ankommt und meint, ich würde dem Kykal nur Honig ums Maul schmieren, dann darfst du, lieber Erich, demjenigen von mir das Zitat des Götz von Berlichingen überbringen.
Und damit das nicht nur die gehobene Klasse versteht, sag ihm, er könne am Arsche mich lecken.

Denn dieses Gedicht würde ich so, wie es ist, meiner Liebsten vorlegen und ihr sagen, schau mal, der Kykal kennt das auch und sie würde mir antworten, ich kenne sie ja, daß sie schon immer gesagt hätte, der Erich sei ein guter Dichter. Und dabei guckt sie mich frech an und grinst.
Und ich weiß...

Aber das nehme ich gerne in Kauf, denn dieses Gedicht ist eine wunderschöne Liebeserklärung an eine erwachsene, selbstbewusste und erfahrene Frau.


Wirklich sehr gerne gelesen, nachempfunden und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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