Thema: Winterwende
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Alt 05.12.2012, 19:14   #3
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Servus larin,

das Gedichteschreiben hast du jedenfalls nicht verlernt und ich möchte mich Thomas' Lob uneingeschränkt anschließen, zumindest was den Inhalt betrifft.

Meine Lieblingsstrophe, müsste ich denn eine auswählen, ist die dritte, die hat es mir angetan. (Bitte da noch schnell ein "n" an die Menschen hängen.)

Obwohl dies ja nur die oberflächliche Bedeutungsebene darstellt, nämlich den routinemäßigen Jahresablauf, wie er sich schon seit langen Zeiträumen immer wiederholend in der Natur abspielt.

Was natürlich nicht für den Menschen gilt, denn wenn dieser seine Winterwende überschritten hat, werden die Tage immer kürzer und gezählter und enden da, wo sie stets enden.
Das setzt eine Einsicht voraus.

Aber auch das wiederholt sich und ich finde, in dieser regelmäßigen Beständigkeit, in der das ganze Sein abläuft, liegt auch eine kleine Hoffnung versteckt.

Und man kann ja nie wissen...

So, ich habe noch eine kleine Anmerkung zu machen und zwar für Strophe 2:

Blass gefrorne Sonnnenstunden
halten Welt und Wald umgrenzt.
Hase ist im Bau verschwunden.
Jeder Baum wird zum Gespenst.

Im Prinzip eine schöne Wortwahl, an der es nicht viel auszusetzen gibt.
Leider klingt es etwas abgehackt und in der dritten Zeile liegt der Hase tatsächlich im Pfeffer.
Es hört sich gar nicht so gut an, wenn man sagt, Hase ist fortgehoppelt.
Besser wäre, der Hase ist fortgehoppelt.
Geht hier aber nicht, wegen des verwendeten Trochäus.
Die obige Lösung zwingt aber, aus der relativ kurzen Strophe drei ganze Sätze zu machen.

Eine kleine Veränderung würde da Wunder wirken und deine Intentionen in keiner Weise verändern:

Blass gefrorne Sonnnenstunden
halten Welt und Wald umgrenzt,
Hasen sind im Bau verschwunden,
jeder Baum wird zum Gespenst.

Ein Satz und alles picobello.

Ich finde wirklich, das lohnt sich bei diesem feinen Dingelchen.


Sehr schönes und tiefgängiges Gedicht, was ich gerne gelesen, kommentiert und bemeckert habe...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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