Thema: Balanceakt
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Alt 11.03.2013, 23:54   #12
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi, Skarak!

Natürlich wollte ich keine grundsatzpsychologische Diskussion vom Zaun brechen. Klar gibt es mannigfaltige Motive für den Suizid, und mannigfaltige Charakterbausteine und Wendungen, die dahin führen können.
Mir stand jener wehleidig selbstverliebte Sichselbsttötenwollender vor Augen, der seinen "Abgang" wie eine Vorstellung zelebrieren will, um der Welt zu beweisen, wie schuldig sie an seinem Untergang ist. So nach dem Motto: "So, jetzt hab ich's euch aber gezeigt, wie ernst es mir war. Seid gefälligst zutiefst betroffen und habt ein schlechtes Gewissen!!!"
Das ist eine nicht zu unterschätzende Triebfeder für manche - ich weiß das auch deshalb, weil ich als Jugendlicher und Mobbingopfer einige Jahre selbst auf dieser Schiene gefahren bin. Zum Glück war ich zu feige und doch zu lebenswillig für den finalen Schritt.
Wenn mir damals obiges Gedicht meinen fundamentalen Irrtum bezüglich der eklatant unempathischen Nachtodeserfahrung meiner Umwelt vor Augen geführt hätte (ich malte mir richtig schön aus, wie verzweifelt alle wären, sich lebenslänglich schuldig fühlen würden - mein Grab würde zur Pilgerstätte all derer werden, die mich "in den Tod getrieben" hätten...), es hätte - zumindest auf mich, so weit muss ich das einschränken - die besagte Wirkung nicht verfehlt.

Ich möchte deinen kompetenten Ausführungen keinesfalls widersprechen - aber so weit es mich angeht, hätte es gewirkt: Ein heilsamer Schock, der sprichwörtliche Eimer kalten Wassers ins Gesicht einer überhitzten, in Selbstmitleid zerfließenden Fantasie, die selbstgefährdende Wege beschreitet.

LG, eKy
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