Thema: Eisvogel
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Alt 16.01.2014, 18:53   #4
Dana
Slawische Seele
 
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Registriert seit: 07.02.2009
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Lieber Thomas,

als "Sonettlaie" winke ich jedem freundlich zu, der eines schreibt.
(Ich liebe und bewundere Sonette und weiß um die "Arbeit" daran unter Beachtung der "Regeln". Habe schließlich schon eins versucht.)

Mich berührt der Inhalt zutiefst mitsamt der lyrischen Sprache und Metaphern.
Ich denke, es gibt sehr, sehr viele jener "Eisvögel" und Horden von Seelenmördern.

Was dir trotz der "Ich-Form" gelungen ist, ist die weit gefächerte Interpretation.
Man kann sich darin selbst finden, man denkt an bekannte Einzelschicksale aber auch an ganze Völkermassen aus Geschichte und aus den Geschehen in Gegenwart.
Erst kürzlich hörte ich im Radio Stellungnahmen zum Umgang mit Soldaten.
Psychisch erkrankte, geschockte und "selisch ermorderte" durften nicht vorkommen. Sie wurden weder angehört noch behandelt und galten als Feiglinge und Versager. "Kein Krieg lässt sich mit "empfindsamen Männern" gewinnen - also gab es sie nicht.
Sie konnten nur die Fenster zumauern und anschließend mit gebrochenen Flügeln schweigen.
Ebenso die Menschen in Katastrophengebieten. Sie bekommen Decken, Zelte und Nahrung - doch wer kümmert sich um ihre Seelen?

Dein Sonett schließt mit dem "Nicht-vergessen-können", mit der Ohnmacht, die dem Eisvogel trotz der "Heiterkeit", die sich über die Vergangenheit gesenkt hat, spürbar verbleibt.

Sehr gut dargestellt und verdichtet.

Liebe Grüße
Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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