Thema: Kritik
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Alt 09.04.2014, 18:56   #3
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Hallo Christel,

das ist ja eine große Portion, die du da serviert hast und die Zutatenliste hat es in sich, ist doch in diesem Gericht (!) eine Menge Gewürz zu finden, das den Appetit vor kritische Herausforderungen stellt.

Das Menü findet sicherlich Zustimmung im allgemeinen gesellschaftlichen Geschmack, so schmeckt eben Hausmannskost.

Leider bringt es diese mit sich, dass sie manche Zutaten enthält, welche die Verdauung vor eine Herausforderung stellt.

Jede Generation besitzt ihren eigenen gesellschaftlichen Spiegel, in dem ihre Leiden sich abbilden.
Wir haben uns mit der Tatsache der Globalisierung abzufinden, sie ist uns befohlen worden, wir wachsen in sie hinein und müssen mit dem Strom schwimmen, weil wir sonst als politisch nicht korrekt betrachtet werden.

Der größte Teil unseres schönen Planeten wird vom Kapital beherrscht, der Rest darbt vor sich hin oder kämpft ums nackte Überleben.

Ein Verfall der alten Werte ist nicht aufzuhalten, da unsere Gesellschaften heutzutage einem bunten Mix aus Kulturen, Religionen, Ideologien und den damit verbundenen Moralvorstellungen ausgesetzt sind.
Was vorher das Zusammenleben akzeptabel regelte, kann heute nicht mehr als zeitgemäß betrachtet werden.
Erschwerend kommt hinzu, dass sich das heutige Leben auch virtuell entwickelt.
Kontakte werden über soziale Netzwerke geknüpft. Möglichst viele "Freunde" hier und viele dort und wenn sie nicht mehr "Freunde" sind, dann ist dies auch nicht weiter schlimm. Persönliche soziale Kontakte werden unwichtiger und daher seltener und schwerer, es erfolgt ja eine Rückkoppelung.
In vielen virtuellen Spielen zählen Menschenleben überhaupt nichts, ja man hat sogar selbst mehrere und das Schlimmste was passieren kann, ist das plötzlich "Game over" erscheint.

Aber es steckt ja auch ein System dahinter, denn das Zauberwort lautet: Kommerz!
Das System kann sich nur durch stetiges Wirtschaftswachstum halten, ansonsten fängt es an zu bröseln und fällt irgendwann in sich zusammen.
Es muss Neues produziert und zudem noch an den Mann / die Frau gebracht werden.
Es gibt sensationelle und fantastische Dinge zu entdecken und der Wunsch auf diese wächst stetig heran, denn es muss ja dem Mainstream nachgeeifert werden. Die Werbung suggeriert ja, dass man ohne das entsprechende Produkt eigentlich kein Mensch mehr ist.
Schon die Kleinsten werden an dieses System gewöhnt und viele kommen mit dieser Reizüberflutung nicht zurecht, es überfordert sie einfach.
So werden viele schon einmal dumm gehalten, die anderen, welche die Kurve bekommen, versuchen Teil des Systems zu werden und möglichst viel davon zu profitieren. Wer eine bestimmte Position erreicht hat, wird den Teufel tun, gegen das System anzugehen, von Ausnahmen einmal abgesehen.
Viele andere aber bleiben ungebildet, sei es, weil sie keine reelle Chance bekommen haben, sei es aus charakterlichen Gründen oder sonst was.

Aber auch diese werden gelockt und angezogen von den schönen, begehrenswerten Dingen, die ein irdisches Leben angenehm machen können. Und letztendlich ist es dem System egal, ob mit hart verdientem oder mit durch Straftaten erworbenem Geld gezahlt wird, Hauptsache es wird konsumiert.
Wer da charakterlich nicht einigermaßen gefestigt ist, findet sich ganz schnell an einem Tiefpunkt des gesellschaftlichen Lebens, zumindest aus Sicht der angepassten Maßbürger, die dann aber den drohenden Zeigefinger erheben und auf die Zustände schimpfen.

Ich persönlich glaube ja, der Zug ist schon längst abgefahren.

Die Mahnung im Gedicht und der darin enthaltene Appell sind ehrenvoll, aber sie kommen zu spät, es liegt am System, das letztlich nicht aufgehen wird, was nur eine Frage der Zeit ist.

Aber nichtsdestotrotz ist es wichtig, immer wieder daran zu erinnern und den Finger in die Wunde zu legen, genau da nämlich, wo es wehtut.

Und das hast du getan.

Ich habe nur noch ein paar Kohlehydrate zu dem von mir nachgereichten Dessert geliefert.


In diesem Sinne gerne gelesen und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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