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Alt 10.02.2015, 08:52   #23
Claudi
Senf-Ei
 
Registriert seit: 26.04.2014
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Hallo Ihr Lieben,

Zitat:
zunächst Dank an Fridolin für das freundliche Überlassen des Textes - er wird einige Gewalt über sich ergehen lassen müssen.
Auch von mir vielen Dank, Fridolin! Dass der Text mich auch inhaltlich anspricht, hatte ich noch gar nicht gesagt. Schöne Idee! Und ich würde mich sehr wundern, wenn ein paar zusätzliche knackige Details wie Bodos "Meister Guida" nicht auch bei Dir ganz gut ankämen.

Andererseits ist mir auch klar, dass Du es nicht auf den Jahrhunderthexa anlegst. Wenn wir es hinkriegen, Deine sechshebigen Daktylen mit ein paar winzigen Federstrichen in echte Hexameter zu verwandeln, wäre wohl schon das Wesentliche erreicht und wir hätten Dir kaum in Deinen eigenen Stil hineingepfuscht. Einige Holodaktylen könnten auch ohne weiteres so stehen bleiben. Vielleicht sollten wir dann nur einige Dopplungen herauskürzen, d.h. der Gesamtumfang könnte evtl. um einige Verse schrumpfen.


Zitat:
Ich sehe das ganze übrigens auch als Fingerübung und halte es für eine Illusion, das ganze Epos umzuackern - aber man kann ja mal anfangen. Vielleicht entdecke ich ja noch so etwas wie Freude am Hexameter - zumindest will ich es mal probiert haben.
Wie gesagt, die Minimallösung wäre leicht, bringt allerdings nicht viel Lehrreiches. Ich habe den Eindruck, dass Du mit den Aufgaben etwas unterfordert bist, und bin am überlegen, ob ich Dir für jeden weiteren Schritt tatsächlich immer wieder den gleichen Abschnitt vorsetzen soll. Was ich bis jetzt gesagt habe, setzt Du ja mit Leichtigkeit um.


Zitat:
Saßen jüngst die Freunde der Dichtkunst beim Weine zusammen,
priesen Götter in launigem Reim, auch Weiber und Musen.
Einer von ihnen, der lang geschwiegen hatte, erhob sich,
wiegte bedächtig sein Haupt, und sprach zum Kreis der Poeten:
In V3 hast Du zwei satzzeichenverstärkte Nebenzäsuren, die für den ungeübten Leser die Hauptzäsur zu übertrumpfen scheinen. Ich lese den Vers allerdings so:

Einer von ihnen, | der lang || geschwiegen hatte, | erhob sich,

Und dann kommt das lange Schweigen in der verlangsamten Versbewegung voll zum Tragen. Das ist, wenn es von Dir so beabsichtigt war, schon verdammt schlau eingefädelt. Ein weiterer Pluspunkt ist die etwas schwerere Schlusssenkung "sich". Es macht sich im Hexameter gut, wenn die Verse nicht jedes Mal mit schwachen "e"- oder "en"-Silben enden. Ich versuche da immer ein bisschen zu mischen. In V1 wäre es z.B. schön, wenn wir die "Dichtkunst" ans Versende kriegen könnten.


Zitat:
Die Verse beginnen nun alle betont, die Trochäen sind halbwegs gemischt untergebracht, die letzten beiden Versfüße regelkonform (XxxXx). Sehe ich das richtig?
Ja, auch sonst hast Du alles richtig gemacht. Ich ergänze noch eine Kleinigkeit, die ich am Anfang noch raushalten wollte. Es gibt gelegentlich, wenn der vierte Fuß dreisilbig ist, auch den sehr seltenen Versschluss XxXx (Spondeiazon). Willst Du solche Fremdwörter wissen, oder soll ich sie Dir ersparen? Wenn der in Friedhelms Gesamtwerk einmal vorkäme, wäre das o.k.


Zitat:
Beim Markieren der Zäsuren fiel mir auf, dass sie in V1 und V2 an der gleichen Stelle sitzen - sollte man auch hier auf einen Wechsel achten?
Gut, dass Du überhaupt darauf achtest. Ich denke, man muss es nicht so übertreiben, dass der Inhalt darunter leidet. U.U. könnte es sogar passend sein, absichtlich mal zwei identisch gebaute Verse in Reihe zu schalten.


Zitat:
Und weiter: darf man eine Zäsur, wie in V3, noch so weit hinten setzen?
Wenn es wie hier eine Nebenzäsur ist, ja. Aber das sehe ich so, weil ich die Mittelzäsur als sehr deutliche Pause lese. Selbstverständlich ist das nicht, der Vers könnte auch anders gelesen werden. Dann wäre sie so weit hinten fehl am Platz. Ein Kritiker, der grundsätzlich Satzzeichenzäsuren den höheren Rang gibt, würde vermutlich meckern.

Noch eine Anmerkung zur Silbenqualität. Ideal (aber natürlich nicht immer umzusetzen) ist es, wenn in den dreisilbigen Füßen die Senkungen schön leicht und möglichst gleichwertig sind. Sie machen den Verslauf schnell. Schwerere Senkungssilben, insbesondere die ganz schweren (z.B. "kunst" in "Dichtkunst") sind besser als Einfachsenkung, also in zweisilbigen Füßen aufgehoben. Sie bremsen das Tempo.

Am besten, Du sagst mal, wie Dir das weitere Vorgehen am meisten Spaß machen würde. Mal sehen, ob ich heute noch Zeit finde, einen eigenen Vorschlag zum ersten Abschnitt zu posten. Ich füge ihn dann hier ein. Wenn Du inhaltlich noch freche Ideen hast, immer her damit! Meister Guida würde m.E. ganz gut als Pegos Berater passen.

LG Claudi

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Hier erstmal ein Versuch, die ersten drei Abschnitte nur ganz wenig zu ändern. Fridolin, Du kannst ja mal schauen, ob das so einigermaßen in Deinem Sinn wäre, bevor ich mir den Rest vornehme.

Zitat:
Zitat von Fridolin
Saßen jüngst Freunde der Dichtkunst in weinselger Runde zusammen,
priesen in launigen Reimen den Wein und erzählten sich Schnurren.
Einer von ihnen, der wenig getrunken und lange geschwiegen,
wiegte bedächtig sein schütteres Haupt und begann eine Rede:

»Freunde, o lasset mich heute vom Königreich Pega erzählen,
lange regierte dort Pego als König mit Würde sein Volk,
liebte die Künste, die Maler, die Bildner und Dichter vor allem,
aber die Dichter von Pega verschmähten verachtend den Reim.

Pego auf Reisen war einstens des öftren im Reimland gewesen,
lernte gereimte Gedichte, Balladen und Oden zu schätzen,
aber er konnte die heimischen Dichter dafür nicht gewinnen,
störrisch und hämisch bekämpften sie alle Gedichte mit Reimen,
Saßen jüngst die Freunde der Dichtkunst beim Weine zusammen,
priesen in launigem Reim die Musen, erzählten sich Schnurren.
Einer, der lang geschwiegen, nur nickend zugestimmt hatte,
wiegte nun bedächtig sein Haupt und begann eine Rede:

Hört, Gefährten der Feder, ich will euch von Pega berichten.
Lange regierte dort Pego sein Volk. Der gebildete König
liebte die Künste, die Poesie in Versen vor allem,
aber die Leute von Pega verschmähten den Wohlklang des Reimes.

Pego auf Reisen war oft und gerne im Reimland gewesen,
lernte gereimte Gedichte, Balladen und Oden zu schätzen,
konnte jedoch die heimischen Dichter dafür nicht gewinnen.
Störrisch bekämpften sie alles, was reimte, und spotteten hämisch.
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Rasple die Süßholzwurzel so fein, dass es staubt, in den reichlich
Abgestandenen Quark; darüber verträufele Wermut,
Bis aus dem Rührwerk, Burps! endlich das Bäuerchen kommt.

Geändert von Claudi (12.02.2015 um 05:19 Uhr)
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