Thema: Gehorsam
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Alt 30.05.2015, 22:28   #3
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi, Faldi!

Hier stand der Hurra-Patriotismus der amerikanischen Unterschicht Pate - viele dieser eher bildungsfernen "braven Soldaten" lassen sich für das, was sie für Heimat, Ehre und Wahrheit halten, für die politischen Belange ihrer Mächtigen einspannen. Selbst verstümmelt rühren sie in der Heimat mit Orden an der Brust noch die Werbetrommel für den Dienst am Vaterland! Sah das in einer Doku und war verwundert über soviel Sturheit und Unreflektiertheit des Geistes! Das waren wahrhaft Indoktrinierte! Aber was will man von solchem Kanonenfutter erwarten, das schon seit dem Kindergarten jeden Morgen in seinen Hinterwäldlerdörfern die hehre Flagge hisst und die pompöse Hymne schmettert, die von Tapferkeit und Edelmut im Namen der Freiheit tönt! Im Grunde auch nur arme Opfer eines Staates, der sich als "westliche Leitkultur" zu bezeichnen wagt!

Nun, vielleicht muss man so fanatisch sein, um dem religiösen Wahnsinn einer enthemmten islamischen Welt Paroli bieten zu können (den die amerikanische Politik zum größten Teil überhaupt erst verschuldet hat!!!), was weiß ich. Aber es macht mich in beiden Fällen von geistiger Unbeweglichkeit eigentlich nur traurig - und widert mich an.

Natürlich kann man es auch auf die Weltkriege beziehen. Ob Kaisertreue, brave Nazis oder stramme Patrioten oder Kommunisten: Diese Ameisenseelen ordnen das Individuum ganz der Idee von einem "größeren Ganzen" unter und verstehen nicht, wie andere Menschen das überhaupt anders sehen können - diese Defaitisten, Feiglinge und Vaterlandsverräter! Damals stand derlei Gedankengut hoch im Kurs - solche Blödel (dulce et decorum est pro patria mori! - Süß und ehrenvoll ist's, für's Vaterland zu sterben!) gab es schon bei den ollen Römern, danach wie davor. Hier wird das Opfer beschworen, das man für das Überleben einer Gemeinschaft, der man angehören will, bringen soll - zuweilen sogar die eigene Existenz (siehe Kamikaze!), weil manche Gesellschaften das Individuum als gering, wenn nicht gar wertlos erachten.
Für den ersten Weltkrieg sei an Remarque erinnert: In seinem Roman "Im Westen nichts Neues" beschreibt er, wie nationalistisch gesinnte Gymnasiallehrer mit hehren Parolen ihre Schüler aufhetzten, bis sich ganze Klassen geschlossen freiwillig zur Armee meldeten! Sozialer Druck auf unsichere oder allzu präpotente Gemüter, falscher Ehrbegriff und mangelnder politischer Überblick wie mangelndes Unrechtsbewusstsein.
Man muss dabei bedenken, dass erst seit dem Ende der Weltkriege das Soldatentum in Westeuropa in keinem unangefochtenen Ruf mehr steht - davor WAR es durchaus anerkannt, Krieg zu führen, wenn man sich nicht verbal einigen konnte! Erst die Industrialisierung des Mordens durch moderne Tötungstechnik und das erschreckende Ausmaß ihrer Effektivität machte die Natur des Krieges derart öffentlich sichtbar, dass nach dem Schlachten ein tiefergreifenderes Umdenken einsetzte - zumindest in Europa.

Das Gedicht richtet sich ja nicht gegen jene, die nicht freiwillig in den Krieg zogen, sondern ganz explizit gegen jene, die das WOLLTEN und selbst nach schlimmsten Kriegserlebnissen behaupteten, diese Zeit wäre die beste ihres Lebens gewesen - Hitler war zB so einer! Es geht gegen jene, die nichts dazugelernt haben, die der Krieg nur verroht und gleichgültig gegenüber menschlichem Leid gemacht hat, oder jene, die einfach zu ungebildet oder dumm sind, um übergeordnete ethische Zusammenhänge zu erkennen, zum Gehorsam erzogen, ähnlich wie Religiöse. In vielen Regionen der Welt (und es werden leider wieder mehr, wie mir scheint) ist das auch heute noch so. Leider.

Vielen Dank für deine Gedanken!

LG, eKy
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