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Alt 28.08.2015, 23:52   #2
Mr. @
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Oh Wand’rer, kamst du nicht auch neulich
ins Münsterland, wo – wie abscheulich ! -
(in Südlohn-Öding beispielsweise)
Gevatter Hein als breite Schneise
den Kahlschlag Influenza brachte,
weshalb arg fiebernd jeder Achte

(Vielleicht sogar schon jeder Zehnte)
sich tot alsbald im Jenseits wähnte?
Du sahst nicht jene schlimmen Ecken,
wo selbst die Bauern zum Verrecken
kein Vieh mehr auf die Wiesen trieben?
Kein Mensch ist lange dort geblieben.

Drum ehr ihn, jenen Samariter,
der tausend Kälbern zwei, drei Liter
Clenbuterol dem Trunk beimengte,
und so dem Fleische unbeschränkte
Potenz verlieh und heile machte.
Und jeder Zehnte, sowie Achte,


verweilt vor Kalbmastkathedralen,
die grau in Südlohn heut' erstrahlen,
um's blässlich-güldne Kalb zu ehren,
das wir beim Abendmahl verzehren.
Gesundheit Flügel und auch Kraft
verleiht WHITE CALF aus Hustensaft.

Hallo Bodo,

erst, nachdem mich ein guter Freund zum 2.Lesen aufforderte, erkannte ich die bissige Ironie deines Werkes.
Eine Ode, ein Lobpreis auf ein Stahlwerk, das ja bekanntlich schon eine ziemliche Dreckschleuder ist (oder zumindest früher war) und dann dieses Werk noch in Bezug auf die "schlimmen" Zustände in der Natur vor dessen "erblühen" zu setzen, ist schon krass.
Die beste Szene ist für mich diese:

Zitat:
schaut aus der Landschaft kurz vor Polen
ein wenig zaghaft und verstohlen,
fast wie ertappt auf frischer Tat,
ein Eisenhüttenkombinat.
Erinnert mich fast ein wenig an Loriots Adventsgedicht.
Ach, wie süß. Ein kleines Eisenhüttenpflänzchen sprießt putzigbunt aus Mutter Brandenburgs trostloser Tundra.
Ein Schelm, der Böses dabei denkt.
Ja, und zum Schluss wird es dann noch richtig patriotisch. Ich sehe praktisch die FDJ bunte Fähnchen schwingend und singend in die graue Trostlosigkeit einmarschieren.

Mein Rat: Unbedingt noch einmal lesen und genießen.

Grüße

Mr.@

Geändert von Mr. @ (29.08.2015 um 11:07 Uhr)
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