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Alt 16.10.2015, 17:38   #4
charis
/ Bil-ly /
 
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Ja, der gute Wolo, ein alter Zyniker Aber das ist nur allzu verständlich, ich habe ihn unlängst belauscht:

Wolo's Beichte

W: Charis will mir absprechen, dass ich etwas von Poetik verstehe.

P: Ja, weißt du, mein Sohn, nicht jeder kann unsere Phonetik verstehen. Aber jeder versteht, dass wir die Demokratie erfunden haben, und sie würde immer noch funktionieren, wenn wir das Frauenwahlrecht genauso verweigert hätten, wie den EU-Beitritt.

W: Ich glaube sie haben mich falsch verstanden, ich sprach nicht von unserer Sprache sondern von Poetik.

P: Ach, mein Sohn! Ja, die Poesie! Was wären wir ohne die Poesie! Wie unsere schöne Sprache, hat sie etwas Außergewöhnliches, etwas sich dem alltäglichen Sprachgebrauch Entziehendes, über das Gewöhnliche Hinausgehendes, etwas Erhöhendes und Tranzendentes, ja etwas Göttliches!

W: Das hätte ich mir ja denken können, dass sie an diesen so abgehobenen, überkommenen Kitschvorstellung festhalten wollen. Poesie kommt aus dem Griechischen, sie sollten das wohl wissen: Es bedeutet „etwas schaffen, machen“. Hat das irgendetwas mit "über das Gewöhnliche hinausgehend" zu tun? Wir schaffen Arbeitsplätze, Flüchtlingsunterkünfte, Kapital, machen aus Geld Zinsen, aus Abfall Energie. Poesie macht aus Worten, Metrik und Reimen ein Sprachwerk, das wars.

P: Mein Sohn, hast du vergessen, dass du eine unsterbliche Seele hast?
Nähre deine Seele mit wahrer Poesie und du wirst das Himmelreich finden, hier und nach deinem Tode, der dir gewiss ist wie das Amen im Gebet.

W: Welcher Moslem beendet sein Gebet mit Amen!?

P: Wir reden hier vom wahren Glauben mein Sohn!

W: Kommen sie mir doch nicht mit "wahren Glauben" und "Seele", was ist das schon! Ein opiatöser Ersatz für den Verstand Gehirnamputierter, die nichts wissen. Sie sind auch nicht besser als diese Forendichter, die von einer "poetischen Seele" labern, wo es nur nach Kitsch stinkt.

Meine Nase trügt mich nie, Herr Pfarrer, ich rieche den Gestank, wenn mir da jemand mit Liebe, Verlust, Trauer, Tod, Gefühlstiefe, Empathie, Empfindsamkeit und mit all den anderen banalen Dramen des Lebens daherkommen will, nur weil ihm nichts besseres einfällt und er es darauf anlegt, auf diesem Jahrmarkt der Eitelkeiten von dem ganzen Pack der falschen Schleimer belobhudelt zu werden.

Ich rieche den Verrat an der Poetik in jedem Leierjambus, in jedem Adjektiv, in jedem goldumrandeten Neben- und Schachtelsatz, in jeder aufpolierenden Inversion und jedem glitzernden Zombiewort.

Ich spüre die Abgründe zwischen den gekünstelt aneinandergereihten Silben bis tief in meine spröden Knochen, sie verursachen mir rheumatische Beschwerden, und diese unbeholfenen poetischen Koitussen bearbeiten wie ungeschliffene Jagdmesser meinen Schädel und wollen meinen Neokortex herausschaben.

Hätte man jemals das Rad erfunden, würde man es Forendichtern überlassen haben!? Welcher Baumeister würde die Grundfesten weglassen und sich darauf verlassen, dass das Haus schon irgendwie schweben wird, Kraft seiner poetischen Seele!? Wer würde das Dach zuunterst setzen, wenn es oben reinregnet!? Erkennen sie das Problem nicht!?

P: Die Moslems?...die sagen etwas anderes, genau. Ich kann mir dieses arabische Zeugs nicht merken. Der Iman von der Moschee nebenan benutzt es am Ende beinahe eines jeden Satzes; es muss also nicht unbedingt nur ein Gebet sein. Die haben uns eindeutig etwas voraus.

W: Er sagt "Inshallah"! ........Haben Sie mir überhaupt zugehört?

P: Inschalla?

W: "So Gott will!"

P: Was soll er wollen?

W: Da müssen sie den Imam fragen.

P: Was willst du, mein Sohn?

W: Ich?


Schade, lieber Wolo, dass du deinen romantischen Wortschatz nicht öfter für Seelenerquickliches nützt!

Lieben Gruß
charis
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