Hi, Charis!
Mit einem Male ist das Laute still.
Die Chöre der Zikaden schweigen.
Nichts tönt mehr drängend schrill,
und alles will sich vor dem Mond verneigen,
Hebungsschema S1: 5435
der mürrisch blass am Himmel blüht,
die Wasser zieht wie schwarze Laken,
die träge nun, sich wiegen, müd
den kahlen Fels zu schlagen.
Hebungsschema S2: 4443
Das blasse Licht ist seltsam heimatlos
und fremd das Glitzern auf den Wogen.
Wie Engelscharen in den dunklen Schoß
gezogen, gefallen wohl, vom Mond belogen.
S3: 5455 (letzte Zeile Senkungsprall "gezog
en, gefallen")
Die Wellen gurgeln, klatschen leis,
auf Zehenspitzen scheinen sie zu schleichen
um diese rauhen Küsten als Beweis,
dass Weiches nie wird Hartem weichen...
S4: 4554 (letzte Zeile Inversion)
Und dieses Schauen mag den Schmerz
geduldig heilen, doch dein Kuss schmeckt bitter
nach Lavendel, und in meinem bangen Herz
trifft Licht auf Diamantensplitter.
S5: 4564 (betonter Auftakt in Z3)
Keine 2 Strophen halten dasselbe Schema - von Ebenmaß ganz zu schweigen! Für musikalische Menschen mit "Taktgefühl" ist dies hart zu lesen, so schön auch die Sprache ist!
Das Kadenzenschema ist interessanterweise sauber und ebenmäßig: Alle Strophen haben mwmw.
Ich versuche mal eine Version mit gleichmäßig 4 Hebern pro Zeile:
Ganz plötzlich ist das Laute still
,
die Chöre der Zikaden schweigen.
Es tönt
nicht mehr
so drängend schrill,
und
will sich vor dem Mond verneigen,
der mürrisch blass am Himmel blüht
und Wasser zieht wie schwarze Laken,
die träge
nun sich wiegen, müd
an jeden kahlen Fels zu schlagen.
Das Licht ist seltsam heimatlos
und fremd das Glitzern auf den Wogen
,
wie
Engel, in den dunklen Schoß
gezogen
und vom Mond belogen.
Die Wellen gurgeln, klatschen leis,
behutsam scheinen sie zu schleichen
um
diese Küsten, zum Beweis,
dass
Zarte nie
dem Harten weichen.
Und dieses Schauen mag den Schmerz
geduldig heilen, doch
zu bitter
schmeckt dieser Kuss. Im bangen Herz
trifft Licht auf Diamantensplitter.
Auch Hebungsprall und falscher Auftakt sind korrigiert. Nimm, was dir brauchbar erscheint.
Sehr gern gelesen.
(Die Conclusio kommt mir bekannt vor - habe ich das schon mal anderswo kommentiert?)
LG, eKy