Lieber Jongleur,
Also ich würde einmal sagen, du weißt grundsätzlich, wie man Hexa schreibt. Aber es ist für meine Gefühl zu statisch, vor allem wegen der immer gleichen Einstiege in die Verse. Die Versenden varieren ganz gut, mit teilweise "stärkeren" Senkungen, sag ich jetzt einmal laienhaft.
Für mein Gefühl zerfallen die Verse zu häufig in zwei Hälften, die keine Verbindung eingehen, bloße Gedankensplitter. Aber ja, die erste Vershälfte ist die Darstellung, die zweite die Reflexion darüber - ja eine durchaus interessante Idee.
Deine Überlegungen sind insgesamt interessant. Ein eigener Weg zwischen Lyrik und Prosa? Hm, ja, aber man muss aufpassen, dass es eben keine Prosa wird, sonst klingt es eben wie hier nach einem Live-Ticker im Fernsehen. War das deine Absicht?
Zitat:
Wird nicht der Hexameter sowieso als Versmaß erzählender Dichtung definiert?
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Ja, eben, eine Erzählung lese ich hier nicht.
Der Langvers hat in erster Linie Platz für Vieles, für eine nähere Beschreibung, die Auflösung von abstrakten Begriffen oder deren "Bebilderung", mehr „Spürbares“ und „Sichtbares“.
Was zb darf ich mir unter "Bühnenfiguren" vorstellen? Bühnenfiguren können ziemlich unterschiedlich Charaktere sein, oder? Sie können auch Sänger, Tänzer, Schauspieler sein, oder auch Marionetten? Was sind sie hier?
Ist die Mutter auch eine "Bühnenfigur"? Und wenn ja, warum? Wie kommen die Schauspieler (=Lehrer?) her? Warum sind die Lehrer Schauspieler? Welche Rolle spielen sie? Und die Sekten? Und was haben die Mutter und die Sekten und die Lehrer und die langen Karrieren miteinander zu tun? Der Übergang vom Sohn zu den eigenen Enkeln kommt auch etwas überraschend.
Wenn du es aber als Laufbandtext verstanden haben willst, und damit zeigen willst, wie unser Affengeist herumspringt und wir keinen Gedanken mehr wirklich zu Ende denken können, sondern uns mit bloßen Schlagworten zufrieden geben, dann ist das was anderes. Vielleicht sollte man dann einen hinweisenden Titel wählen? Vielleicht: Bruchstücke?
Oder sogar noch plakativer: Affengeist oder Live-Ticker?
Aber "Verschollene Testamente", hm ...
Ich habe es trotzdem sehr gerne gelesen und mir - eben meine - Gedanken dazu gemacht!
Lieben Gruß
Charis