Thema: Schandfleck
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Alt 06.01.2017, 18:20   #3
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi Chavi!

Du bringst es auf den Punkt: Das "Peinlich-berührt-Sein", egal ob man etwas gibt oder nicht - diese unangenehme Distanz zu sich selbst und zum Bild, das sich bietet, wenn wir mit dem konfrontiert werden, was wir nicht wahrnehmen wollen, weil wir uns durch das Betteln zu Unrecht genötigt fühlen, so als wäre es unsere Schuld, das dieser Mensch in so eine Lage kam, und wir verantwortlich dafür, seine Misere zu beheben!
So als zwänge er die Falschen, ihn wahrzunehmen - man ist im Moment dem Bettler geradezu böse, dass er einen mit seinem Anblick belästigt. Man fragt sich: Was hab ich damit zu tun?
Gerade in den Städten hat sich die früher selbstverständliche Solidarität unter den Menschen, das Zusammenhalten, weil ein Unglück jeden treffen kann, weitgehend aufgelöst. Man verlässt sich darauf, dass das staatliche soziale Netz die Bedürftigen schon auffangen wird und sieht sich so nicht mehr selbst in der Pflicht, Anteil daran zu nehmen. Dementsprechend empören wir uns dann, wenn "trotzdem einer so frech ist", uns die offene Hand hinzuhalten. Da gauben wir dann eher - und allzu gern - dass uns hier eine unlautere Show geboten wird, um unser Mitleid auszubeuten. Leider ist das auch immer wieder der Fall, wie man liest - wie soll man den Unterschied erkennen?
Ich selbst wurde mal von einem Mann in Lumpen angebettelt. Alles stimmte: Stinkend, unrasiert, wirres, fettiges Haar, schlechte Zähne. Nur die sauteuren neuwertigen Edelturnschuhe, die passten nicht dazu! Wäre der Mann wirklich in Geldnot gewesen, er hätte diese Nobeltreter längst verscherbelt!

Vielen Dank für deine Gedanken!

LG, eKy
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Geändert von Erich Kykal (10.01.2017 um 19:44 Uhr)
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