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Alt 14.09.2019, 11:56   #1
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Standard Der Eremit (Doppelsonett)

Im tiefsten Walde vor der alten Klause
sitzt stumm der Eremit, und keine Frage,
ob ihm sein stilles Leben noch behage,
ob ihm vor seiner Einsamkeit schon grause,

behindert sein Verströmen in die Dinge,
die ihm Vertraute seit den Jahren waren,
da er noch strebte, jung und unerfahren,
und arglos lief in jede blanke Klinge.

An einer harten Welt zu früh gescheitert,
hat er ins Unbelebte sich erweitert
und pflanzt sein Überleben in den Schatten

der hohen Bäume, die ihn überragen,
und alle fernen Weltgeräusche tragen
ihm Träume zu, die immer andre hatten.


Zuweilen schlendert er wie ohne Achten
auf alles rundumher durch seine Kreise,
als wüsste er bei sich auf diese Weise
von Dingen, die sein Weilen größer machten

als ihn und alles, was sein Leben lernte,
damit er weiter sein kann, was ihn heiligt:
Der weise Abgetrennte, unbeteiligt
am Lauf der Welt, von dem er sich entfernte.

Nur wenn er nachts das Ofenfeuer schürt,
geschieht es manchmal, dass ihn doch berührt,
was er vielleicht von alledem versäumte,

wenn ihn ein Zweifel in Versuchung führt,
und auferstandne Angst die Kehle schnürt,
weil doch noch sein will, was er selbst erträumte.
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (15.09.2019 um 21:14 Uhr)
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