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Alt 20.01.2019, 22:12   #3
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi Thomas!

Tja, bei mir musst du den "Herrn" eben weglassen - ich glaube nicht an ihn. Ja, ich würde nicht einmal an ihn glauben, wenn er mir seine Existenz bewiese - wenn auch auf eine andere Weise.

Im Faust II singen am Ende bei Faustens Himmelfahrt ja die Engel sozusagen den 2. Teil des Satzes:

"Es irrt der Mensch, solang er strebt - jedoch wer ewig strebt, den können wir erlösen!"
Soll heißen, dass es auf das nimmermüde Bemühen ankommt, nicht auf dessen Ergebnisse.

Mein Gedicht beschreibt es nicht anders, nur vielleicht ein wenig aufgeräumter - und es schließt jene mit ein, die auf diesem weg des Bemühens nie eine Chance bekamen, weil der "Herr" sie zu früh aus dem Leben warf: Die, welche keine Gelegenheit bekamen, zu wachsen und zu reifen, weil sie von anderen in diesem Hexenkessel der Charakterschmiede vernichtet wurden! Wie "gerecht"!

Nein, ich kann Religionskonzepte einfach nicht ernst nehmen - sie sind in so vielerlei Hinsicht dermaßen abstrus unlogisch oder gehen von falschen, teils grausamen Prämissen aus (wie man sich halt das vor ein paar tausend Jahen so vorstellte, als das Universum, wenn auch gänzlich unerklärlich, so doch extrem überschaubar - und ein Menschleben kaum etwas wert war ...), dass sie sich in all ihrer Überkommenheit für mich von selbst disqualifizieren.

Und dieser so offensichtliche Rettungsversuch der Neuzeit, dass man das heilige Buch eben "im übertragenen Sinne" verstehen und deuten müsse - da kann ich nur sagen: Piffkäs!
Nein, die Leutchen, die das damals schrieben, haben das durchaus genau so gemeint, mit all den Grausamkeiten, Ungerechtigkeiten (die für sie aus ihrer derben und sippenhaftenden Weltsicht keine waren) und all dem mittlerweile naturwissenschaftlich widerlegten Blödsinn, den sie sich zurechgelegt hatten und an den sie eben glauben wollten, um der Welt nicht so hilflos ausgeliefert zu sein.

Bezeichnend für die Dämlichkeit der Menschheit ist, dass selbst heute, wo all das Wissen zur Verfügung steht, dennoch so viele lieber das Hirn abschalten und von der Rache des Herrn salbadern, als sich Wissen anzueignen und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen, auch wenn ihnen die Vorstellung Angst macht, dass nach dem Tode nichts mehr kommt, dass es keinen "höheren Sinn" gibt und kein gütiges allmächtiges Wesen sie in lebenslänglicher Unmündigkeit gängelt und "behütet"!


Nein, wenn es ihn gäbe, Gott wäre kein Optimist - er wäre ein Kind mit einem Ameisenhaufen.

LG, eKy
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