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Alt 13.10.2011, 08:34   #5
Galapapa
Galapapa
 
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Liebe Stimme,
Dein Kommentar zu meinem Text bricht alle Rekorde, was seine Ausführlichkeit und seinen Inhalt angeht. Das ehrt mein Gedicht und mich und ich danke Dir ganz herzlich dafür!!
Ebenso ehrt mich Dein schönes Lob; auch dafür lieben Dank!
Zu Deinen Hinweisen und Anmerkungen zum sechshebigen Jambus möchte ich Dir Folgendes sagen:
Ich meine, es gibt verschiedene Arten, einen Rhythmus zu erkennen und zu empfinden. Mir kommt es bei meinen Texten drauf an, dass sie neben der Botschaft und den Bildern, die sie transportieren, auch flüssig, rund und gefällig lesbar sind, denn nur so hat der Leser einen ungetrübten Genuss, vorrausgesetzt der Inhalt gefällt ihm.
Um das zu gewährleisten, achte ich auf eine gleichbleibende Silbenzahl und Anzahl von Hebungen in den korrespondierenden Versen. Um das zu kontrollieren, verwende ich eine Technik, die dafür hilfreich ist: Ich überbetone die Hebungen und leiere das Gedicht laut vor mich hin. Dabei werden Stolperstellen schnell offenbar.
Alles Andere kann ich gar nicht berücksichtigen, weil ich meine Texte in relativ kurzer Zeit aus einer Art Gefühls- und Gedankenstrom heraus (ich weiß nicht recht, wie ich das beschreiben soll) schreibe und weil ich andererseits eine zeimliche Null bin, was Lyrikwissenschaft angeht.
Nach dem Motto, "was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß" gönne ich mir diese Freiheit, von Regeln und Vorschriften unabhängig zu sein. Kennt man die Regel erst einmal, so wird sie einem zum Gesetz und man meint, alles Andere wäre falsch. Das gilt für all die Regeln, die für einen ästhetischen und gefälligen Text nicht zwingend sind.
Zurück zum Gedicht, um das es hier geht: Du erwartest bei einem sechshebigen Rhythmus genau in der Mitte einen Bruch (ein Beispiel: xXxXxX - xXxXxX), ich stelle die Frage: Muss das sein, ist diese Gleichförmigkeit so zwingend, wie die der Betonungen?
Natürlich geht es um die Lesbarkeit, um nicht zu stolpern. Und da bin ich in meiner Unwissenheit so unverfroren, zu behaupten: Die Brüche sind gar nicht zwingend und wenn vorhanden, dann an anderer Stelle, als in der Mitte, angezeigt durch ein Komma o.Ä., für den Leser gut erkennbar.
Beispiel: "Mit buntem Laub stehn Hecken, die den Garten säumen." Hier zeigt das Komma an, dass der Bruch, die Pause nach "Hecken" ist.
Oder: "In den verblühten Blumen kann man Winter riechen." Hier sehe und brauche ich keinen Bruch.
Der Rhythmus steckt für mich in der Silbenzahl und in der Zahl und Anornung von Hebungen und Senkungen, so dass man hier meiner Meinung nach aus der Gleichförmigkeit der Pausen ohne "Schaden" ausbrechen kann.
Ich gehe in meiner unwissenschaftlichen Unbedarftheit sogar so weit, zu sagen, dass für meinen Geschmack das Ausbrechen aus dem Pausenschema den Text etwas interessanter macht und die Wechsel einer Leiergefahr entgegenwirken, ohne Probleme, wie etwa Stolpern, zu verursachen.
Ich meine allerdings, dass das alles ein gut Stück weit Geschmacksache ist, wie so Vieles in der Kunst.
Straffe Symmetrie oder kreative Lockerheit (solange sie "schön" ist)?
Wichtig ist in diesem Zusammenhang vielleicht auch, dass ich Gedichte lese, so wie ich sie vortragen würde. Das ergibt für die Empfindung des Rythmus auch nochmals etwas andere Voraussetzungen.
Ich möchte auf jeden Fall, dass Du mich richtig verstehst. Ich versuche nur, Dir zu sagen, warum meine Texte so aussehen, nicht dass das besser wäre!
Natürllich hast Du in mir etwas bewegt: Ich werde schon beim nächsten kreativen Schub das zu berücksichtigen versuchen, was Du mir aufgezeigt hast. Sollte dies mich aber zu sehr im kreativen Fluss stören, dann hat es für mich zumindest keine Priorität.
Ich bemühe hier bewusst den Gummi-Begriff "dichterische Freiheit" nicht, denn hinter ihm versuchen sich oft auch schlimme Wortschöpfungen und Grammatikakrobatik zu verstecken.
Hier geht es, glaube ich, um Feinheiten und die Frage, inwieweit diese die Lesbarkeit des Textes und auch seine Ästhetik beeinflussen. Und da kann man natürlich unterschiedlicher Auffassung sein.
Mit keinem Gedanken wäre ich darauf gekommen, Dir Deine Ausführungen übel zu nehmen. Genauso könntest Du ja auf meine Antwort reagieren. Ich bin Dir im Gegenteil sehr dankbar, denn ich brauche Kritik und Rat!
Ich glaube aber, dass wir uns richtig verstanden haben. Jedenfalls möchte ich Deine hilfreichen und kompetenten Kommentare nicht missen!
Und, wie gesagt, eine Anregung für künftiges Schaffen ist Dein Kommentar auf jeden Fall.
Deshalb nochmals danke und ganz liebe Grüße an Dich!
galapapa

Geändert von Galapapa (13.10.2011 um 08:40 Uhr)
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