Thema: Adventelegie
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Alt 02.12.2015, 18:55   #4
wolo von thurland
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Liebe Charis

Wenn du drüber schreibst "Elegie", dann liegt es ja nahe, deine Verse als Distichen zu betrachten. Hilfreich wäre aber, wenn gleich die ersten Verse eindeutig in diese Richtung gingen, was nicht unbedingt so ist.

Betrachten wir nur die ersten vier Zeilen:
Lass dich, Verstörter, nicht reun, wie du angstvoll dich gebärdest.
Xx xXx xX X x Xx x(X) xXx
Vor der letzten Hebung müssten auf jeden Fall zwei unbetonte Silben kommen (nicht eine, nicht drei). Die Einsilber mit langem Vokal "wie" und "du" sind allgemein und besonders nach einer Cäsur nicht gut geeignet für die Senkung im Daktylus.
Sprich zu mir, ich stell' mich taub, denke nur niedrig von dir.
X x X x X x X / Xx x Xx x X
Das ist wohl die normale Lesart dieser Zeile. Man ahnt, was du gerne hättest bis zur Cäsur, aber das geht nicht, nicht mal mit Gemurks. Es fehlt allein schon ein gegensatz, um das ich zu betonen. Was ginge: Rufst du mich, stell ich mich taub, aber da haben wir eine Cäsur vor der Hebung, was vor deinem "ich" ein weiterer, kleiner Mangel ist. Ab der Mittelcäsur klappt es dann.

Vielfach sind Worte nur Blendwerk, lauernde Hechte im Trüben,
Hier ist nur das Problem mit der Cäsur vor der Hebung auffällig, ob man "Hechte im Trüben" mit "Blendwerk" gleichsetzen soll, kann man sich fragen.
und von dem schleichenden Gift kranket auf ewig dein Herz.

Hier flutscht der Pentameter, das "und" am Anfang zu betonen, funktionert, weil danach zwei ebenso unbetonte wörter folgen. Man kann sich dennoch fragen, ob es passt, hier mit drei Einsilbern zu beginnen und mit "von dem schleichenden Gift" ein demonstratives pronomen (dem) einzubauen.
Als Idee:
Vielfach sind Worte nur Blendwerk, lauernde Hechte im Trüben,
schleichende Gifte, wovon kranket auf ewig dein Herz.


Schönen Abend
wolo
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