Thema: Bücher
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Alt 05.03.2011, 16:32   #6
Lord Skarak
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Standard Nanana... wieso denn gleich so ausfällig?

Hallo Kurier! (Ich werde übrigens sKKKKKarak geschrieben)

Es freut mich herzlichst, dass Du meinen Kommentar verhältnismäßig gut aufgenommen hast. Dass zu der Technik wenig zu sagen war empfand ich bestenfalls als langweilig, wobei es die Auseinandersetzung mit dem... Werk doch maßgeblich verkürzte. Meine so genannten luftblasenartigen Auslassungen waren dem Gegenstand der Abhandlung anscheinend recht gemäß, Du unternimmst ja nicht mal einen Versuch auf Basis des Werks eine Korrektur meiner "abstrusen Auslassungen" vorzunehmen, möglicherweise weil da nicht genügend Material einer Verteidigung würdig scheint. In Anbetracht des Umfangs und der Mühe meiner Ausführungen ist Deine offen gezeigte Reaktionslosigkeit nicht unbedingt Indikator eines "charakterlichen Vorbilds", mal abgesehen davon, dass sich die Netiquette bei Dir wahrscheinlich im Grab umdreht. Stattdessen äußerst Du mir gegenüber

Zitat:
Zitat von Kurier
In Deinen umfangreichen luftblasenartig, abstrusen Auslassungen [...] gibst du Dir den Anschein eines sachlichen Kritikers.
Du erinnerst an Brutus.
Du erinnerst mich mit Deinem abstrusen Gebrauch des Wortes "abstrus" ehrlich gesagt ein wenig an Karl Theodor zu Guttenberg. Ich begehe nach Deiner Auffassung Diffamierung des Autors, obgleich ich in meiner Kritik wirklich sehr darauf geachtet habe, alle Ausführungen strikt auf das LyIch respektive den Protagonisten und seine Sicht von den Autoren seiner Bücher zu beziehen... Ist es nicht eigentümlich, dass, was für mich sachliche Interpretation bedeutet, Dir bereits als Diffamierung gilt? Kann es sein, dass Du hier etwas falsch "interpretierst", "rein emotionell", versteht sich?
Jedenfalls würde es mich insgesamt sehr freuen, wenn Du auf meine Kritik für Dich auch eingehen würdest. Da das allerdings nicht erfolgt ist, werde ich jetzt einfach mit meiner Interpretation Deines Textes fortfahren (des Textes nicht Deiner Person, keine Sorge):

Aus dem Missfallen welches Du gegenüber meinen strikt auf den Charakter des Textes bezogenen Ausführungen kenntlich machst schließe ich, dass ich es mit meinem ersten Versuch nicht ganz getroffen habe. Du gibst mir leider bis auf das hier keinen weiteren Fingerzeig bezüglich einer stimmigeren Interpretation. Ich sehe mich insofern zur Improvisation genötigt. Lass mich sehen... Ich werde die handwerklich konnotierten semantischen Inseln einer genaueren Betrachtung unterziehen, sowie alles andere was in diesem Text mehr oder weniger an Mechanik rührt:

Da ist zunächst der erwähnte, recht einfache technische Aufbau des Textes, ein Rhythmus, der zwar komplexer ist als Knittelverse, aber doch stets gleichförmig bleibt (nicht wie etwa hexametrische Verse). Hier werde ich seit dem ersten Lesen den Eindruck eines mehr oder weniger komplexen aber gleichförmigen Maschinengeknatters nicht los. Jedenfalls scheint die Metrik im Sinne einer maschinellen Darstellung recht gut gewählt. Rein sprachlich wären noch diverse Elemente der mechanisch interpretierbaren Gattung vorhanden, manche eindeutig in Richtung Handwerk, andere nur mit genügend Fantasie. Ich werde zunächst die eindeutigen sammeln, dann aber auch die andern:

Zunächst die "Zunft", wobei das Vorhandensein diverser Zunften der Handwerker im Mittelalter wohl keines weiteren Beweises bedarf.
Alsdann "federnd", ein Begriff der mich ganz unwillkürlich an mein Fahrrad denken lässt. Jedenfalls auch ein stark mechanisch konnotierter.
Alsdann "kerbend", das passt auch gut ins Bild, denn es handelt sich ja um das Erzeugen von Vertiefungen in einem bestimmten Werkstoff.

Diese können nun wiederum als eine Art Denkanstoß gebraucht werden, um sich auf die Suche nach weiteren in diesem Sinne interpretierbaren Begriffen zu machen. Ich stelle sie vor:

"Im Umfang beträchtlich", wobei Umfang ja auch im Sinne von Vermessungen - beispielsweise eines zu bearbeitetenden Werkstoffes - gesehen werden kann.
"sie zeichnen bewegende Bilder", ich sehe mich hier mittlerweile sehr im Skizzieren und Anfertigen von Zeichnungen auf Basis vorher vermessener Gegenstände begriffe. Dass jene Bilder "bewegend" (nicht zu verwechseln mit "bewegt") sind, fällt in Anbetracht der offenbaren Faszination des Protagonisten nicht weiter ins Gewicht. Dazu aber später mehr.
"Der Januskopf grüßt", hier zum ersten Mal auch eine monumentale, bildhauerische Konnotation. Ich denke hier spontan an antike Büsten, welche selbstverständlich auch in das handwerkliche Gesamtbild passen.
"Annalen wie Stein", die Verfestigung, eine Kombination des vollendeten Handwerks mit tiefer Denkwürdigkeit!

Nun, ich habe weiter oben bereits den Rhythmus mit gleichförmigem Maschinenkrach verglichen. Die mechanisch konnotierten Begriffe werden, je weiter man im Gedicht fortschreitet, immer seltener. Es scheint, als würde die Maschine alsdann langsam zu ihrem Ergebnis, ihrem "Output" gelangen, ihre Tätigkeit also ausklingen. Das Ergebnis: "Annalen aus Stein". Hier ist das Bild dann gesetzt, unerschütterlich. Ein anderer Aspekt kommt hinzu, nämlich jener der Vorgeschichte, des historisch Festgehaltenen. Auch im Januskopf findet sich ein solches Symbol, welches allerdings insgesamt eher gespalten und angstbesetzt scheint (und wer könnte leugnen dass zwei Gesichter in einem Kopf erschreckend sind).
Der Protagonist gibt sich jedoch fasziniert von den Büchern als starren Zeitzeugen. Ich kann mich eines Eindrucks von emotionaler Überladung der Bücher auch diesmal nicht erwehren. Zu fasziniert ist der Charakter von den festen Erzeugnissen, zu technisch und gegenständlich orientiert ist seine Wortwahl. Diese große "Liebe" zu klarer Struktur die in festen, klaren Annalen aus Stein gipfelt, könnte das Ergebnis einer sehr turbulenten, bedrohlichen und ambivalenten Vergangenheit sein in der er sich nichts mehr ersehnt hätte als Sicherheit und etwas greifbares, nicht so schnell vergehendes. Doch er ist nun alt und diese Dinge sind lange her. Seine Welt sitzt mittlerweile steif in festen Fugen. Die einfache Freude der Bücher, der Gegenstände die ihm weder wegsterben noch ihn verlassen, scheint sein letzter Ausweg und die Erfüllung. Doch zu scheu ist er geworden, seine Sprache enthält kaum emotionen, bewegt andere schon lange nicht mehr. Die Passage: "mit buntesten Bildern in Schatten und Licht." ist eine der wenigen in der er zumindest den Versuch zu unternehmen scheint, von starrer, fast aufgesetzter Majestät der Sprache in Emotion über zu gehen. Doch nach seiner schweren Vergangen reicht es bei dem Ausdruck von Emotion leider nicht zu mehr als einer herkömmlichen Alliteration und einer alltäglichen Dichotomie, als würde er emotionale Elemente aus einem Baukasten mit Vorgaben und Plänen klauben, um sie dann "copy and paste"-artig in seine Rede zu kleben. Ansonsten scheint seine Begeisterung vor allem in ihm vorhanden zu sein. Er spricht von Gefühlen von heute und gestern die der Zukunft erhalten bleiben, aber in Form von "Annalen wie Stein". Auch eine sehr denkwürdige Passage, er scheint nicht zu merken wie sehr "Stein" und "Emotionen" oder "Gefühle" einander doch letztlich widerstreben. Sein ganzes Streben und seine Begeisterung scheinen dem Erstarren und zu Stein machen, dem Kerben und bearbeiten dessen zu gelten, was einst lebendig war. Die Emotion wird zu Stein gemacht und dadurch unschädlich, ein Tribut an die ambivalente, angstbesetzte Vergangenheit. Auch der Januskopf ist ein solches steinernes Relikt, jedoch ist er dem Protagonisten selbst jetzt noch irgendwie unheimlich. Der Preis dieser emotionalen Erstarrung ist ein teilweise sehr deplatzierter technischer Ausdruck wo eigentlich gefühlvolle Begriffe sein sollten, wenn man das Pathos bedenkt dass der Protagonist zwar zeigt, woran der Beobachter bei der abstrusen und teilweise abgegriffenen Wortwahl jedoch kaum teilhaben kann. Die Maschine hat dann in der letzten Zeile zu knistern aufgehört, die Vergangenheit ist vergangen, die Annalen stehen entschärft wie Stein. Das ist das Ende der Ambivalenz. Gefühllos und fixiert.

Ich habe nun einen zweiten, natürlich unfertigen Interpretationsansatz vorgelegt. Hilf mir ein wenig mit der Deutung, bitte...^^ Bin ich diesmal näher dran? Dein Protagonist interessiert mich jetzt.

Liebe Grüße,
Skarak

Geändert von Lord Skarak (09.03.2011 um 05:33 Uhr)