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Alt 08.10.2011, 20:44   #1
Onkie IIV
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 30.06.2009
Beiträge: 105
Standard [So viel Wind]

[So viel Wind]

So viel Wind und in den Gärten meiner Rosen,
Deren Blüte noch der Herbstwind stehen lies,
Trat ein dunkles Wandeln um sich und es hieß
Meine Rosen weinten. Zwischen Blätterlosen
Tropfte längst das weiche Laub aus manchem Baum,
Wo man einsam wurde und die kahlen Birken
Zeigten langsam die Vergänglichkeit und wirkten
So als wär die Welt allein ein fahler Traum.

So viel Wind, man sah wie weich die Blätter fallen.
Von den Wegen, die man dereinst hat erbaut,
Sah man einen Alten, der, im Haus verstaut,
Wartete. Und wartend über das Verfallen
Traurig wusste, dass das Zarte nicht obsiegt.
Dass es alle Blätter packt und dreht und wiegt
Bis sie bald ihr Ende finden. Und nur träumen
Wollte er von jungen Blüten, zarten Bäumen,
Nicht von fahlen kalten Träumen, die man kriegt.

"So viel Wind", sprach er und brach die schönste Rose.
Um zu wahren, was man nicht bewahren kann,
Legte er sie zu sich, sah sie lange an -
Voller Anmut war sie. Doch das Hüllenlose
Konnte er fortan nicht fassen. Es entwich.
Wie die Farben einer Welt und baldig strich
Wind um ihn, er stand allein an den Geländern,
Dachte sich: Was kann ein Mensch verändern?
Außer sich.
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