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Alt 13.03.2019, 18:38   #2
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi Thomas!

Das Thema ist beliebt - Rilke schrieb auch darüber: "Der Stylit".

Der Stylit

Völker schlugen über ihm zusammen,
die er küren durfte und verdammen;
und erratend, dass er sich verlor,
klomm er aus dem Volksgeruch mit klammen
Händen einen Säulenschaft empor,

der noch immer stieg und nichts mehr hob,
und begann, allein auf seiner Fläche,
ganz von vorne seine eigne Schwäche
zu vergleichen mit des Herren Lob;

und da war kein Ende: er verglich;
und der Andre wurde immer größer.
Und die Hirten, Ackerbauer, Flößer
sahn ihn klein und außer sich

immer mit dem ganzen Himmel reden,
eingeregnet manchmal, manchmal licht;
und sein Heulen stürzte sich auf jeden,
so als heulte er ihm ins Gesicht.
Doch er sah seit Jahren nicht,

wie der Menge Drängen und Verlauf
unten unaufhörlich sich ergänzte,
und das Blanke an den Fürsten glänzte
lange nicht so hoch hinauf.

Aber wenn er oben, fast verdammt
und von ihrem Widerstand zerschunden,
einsam mit verzweifeltem Geschreie
schüttelte die täglichen Dämonen:
fielen langsam auf die erste Reihe
schwer und ungeschickt aus seinen Wunden
große Würmer in die offnen Kronen
und vermehrten sich im Samt.


(Das Gedicht ist ein schönes Beispiel für Rilkes Metrikschwächen - aber seine geniale Sprache gleicht es mehr als aus, wodurch die fehlenden Heber gar nicht ins Gewicht zu fallen scheinen ...)

Dein Werk hat natürlich einen ganz anderen, humoristischeren Ansatz, da kann man gar nicht direkt vergleichen. Man sehe mein Zitat also als eine Ergänzung/Variation zur Thematik.

Gern gelesen!

LG, eKy


PS: Weißt du was!? Darüber schreib ich jetzt auch! Du hast mich inspiriert! Warte - neues Thema kommt gleich ...
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Geändert von Erich Kykal (13.03.2019 um 19:06 Uhr)
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