Thema: Poet
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Alt 26.11.2011, 17:36   #5
Stimme der Zeit
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Hallo, liebe Chavi,

ein kleines Textchen, ja, aber ich finde es nicht unbedingt "leicht", es steckt schon ein tieferer Sinn dahinter (finde jedenfalls ich ). Ich kopiere deinen Text hier herein, damit die Leser nicht so viel hin- und herscrollen müssen:

Zitat:
Was reizt mich so an dir, Poet?
Ist es dein weiches Wesen?
Ist es dein stilles Beben?
Nein, das ist es nicht.

Was mag ich so an dir, Poet?
Ist es die Macht der Feder,
ist es dein karges Leben?
Nein, auch das ist's nicht.

Was reizt mich dann an dir, Poet?
Ich muss nicht überlegen,
was frage ich, ich weiß es doch:
Es ist dein Wort.
Das LI empfindet den "Reiz" der Poesie, symbolisiert durch den "Poeten". Hier wird erwähnt, dass diesen Reiz weder der Charakter bzw. das "Wesen" der Person des Poeten noch dessen Lebensumstände oder das Gradmaß der Begabung ausmacht, sondern: Das Wort. Dabei denke ich, dass ein wunderschönes, poetisches Werk (ob nun lyrische Prosa, Gedichte oder etwas anderes) eben "unabhängig" vom Verfasser für sich selbst besteht, nachdem es "die Feder verlassen hat". Ich empfinde Werke immer als "autark". Ein "großer Dichter" z. B. kann auch Werke schreiben, die mir persönlich nicht sonderlich gut gefallen; dafür kann ein "Unbekannter" mit einem bestimmten dagegen bei mir u. U. einen "Volltreffer" landen.

Es geht eben immer in erster Linie um die "Macht des Wortes" (die Poesie, die Lyrik an sich) und erst in zweiter Linie um die "Schreiber". Dem stimme ich aus vollem Herzen zu!

Du vollziehst in deinem "kleinen Gedicht" genau die Gedanken, die wir "Lyrikliebhaber" uns wohl alle (wenn wir "die Sache" halbwegs ernst nehmen) irgendwann gemacht haben.

Formal ist es interessant, dass du hier im Grunde (beinahe!) rhetorische Fragen stellst, und sie in den ersten beiden Stophen mit einem "stärkeren" trochäischen Vers "verneinst", bzw. als eigentlich "überflüssig" erklärst. Lediglich in Strophe 3 ist der letzte Vers ein Jambus. Finde ich vom "Gedanken" (Bejahung, Beantwortung) her gut, aber gerade durch die vorherigen Trochäen wird es hier ein wenig "undifferenziert", d. h. es könnte auch ein Daktylus herausgelesen werden. Nur eine Überlegung bzw. Anmerkung von mir. Kein Fehler, aber gerade die Antwort (die Conclusio) sollte auch "technisch" nicht "schwächeln", ich hoffe, du verstehst, was ich meine. Ich würde sie mir lediglich ein wenig "ausdrucksstärker" wünschen. (Nichts für ungut! ) Ein kleiner Vorschlag, vielleicht bringt er dich auf eine Idee:

Es reizt dein Wort. - oder:

Mich reizt dein Wort. (Das geht, da "reizt" durch den Diphtong und die harten Konsonanten mehr Silbenwucht als "mich" aufweist, und daher nach den Regeln betont wird.)

Liebe Chavi, das ist "klein, aber fein". Ich habe es sehr gerne gelesen!

Liebe Grüße

Stimme
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