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Alt 17.08.2017, 05:41   #1
Felix
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Standard Ein Albträumchen

Albträumchen
Ich hatte einen Albtraum letzte Nacht,
der Grund war sicher ein verdorbnes Essen.
Ich habs tatsächlich über mich gebracht,
nach einem Riesling faules Obst zu fressen.

Den Riesling schmückte ein gar herrliches Bukett,
mit einem Wort: Er war wie ein Gedicht,
den Wurm im Apfel sah ich leider nicht,
er war so knackig, rot und lächelte kokett.

Das karge Mahl, ich fraß es, weil mich Hunger trieb,
dann schlich ich mich zu meinem warmen Bettchen
und las ein wenig noch von Treu und Lieb,
bald schnarchte ich wie ein recht sattes Frettchen.

Mein Traum entführte mich in ganz entfernte Welten,
in eine Zukunft, tausend Jahre weit voraus,
auf eine Insel, wo ganz andre Regeln gelten,
in deren Mitte stand ein halb zerfallnes Haus.

Mit Fleiß und Mühe sucht man hier an diesem Platz
das Erbe längst verstorbner Geistesriesen.
Orakel haben auf die Stelle hingewiesen,
ein Schrei ertönt: Da liegt er, unser größter Schatz!

Fünftausend Blatt mit Hieroglyphen bunt bedruckt,
der Himmel öffnet sich, am Firmanente zuckt
ein greller Blitz, die Männer stehn betroffen,
ein Raunen geht durch ihre Reihen: Lasst uns hoffen,

dass dieser Fund uns sei der Weisheit letzter Schluss!
Ein Donnerschlag entreißt mich Morpheus Armen,
beim Fall aus meinem Bettchen höre ich: Erbarmen,
Erbarmen, Herr, mein Gott! Der ganze Stuss

besteht aus kontrapunktischen Poemen, kargen Visionen,
verbognem Deutsch und Plattitüden, Inversionen.
Es war, Jehova, sei gelobt, doch nur ein Träumchen,
zum Riesling ess ich nie mehr Äppel, nur noch Pfläumchen.
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