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Alt 20.09.2014, 08:32   #4
AAAAAZ
Wortgespielin
 
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Hallo Thomas,

auch wenn du die Betrachtung von Metaphern auf die Poesie beschränken willst, so beschränkt sich die Poesie nicht auf die Betrachtung ihrer selbst, und schmort im eigenen Saft. Gedicht will doch gerade Außenwelt spiegeln und neue Welten schaffen. Poesie betrachtet die Dinge inkl. Menschen mit seinen Metaebenen, Religionen, Philosophie, etc.. Von daher ist die Betrachtung und die Bedeutung von Metaphern für mich zumindest nicht auf die kleine kunstfertige funktionelle und technische Erstellungsebene eines Gedichtes einschränkbar. Deshalb hatte ich die Überlegungen von Hannah Arendt in der Erwähnung von Aristoteles und Mathematik aufgegriffen. In der Quintessenz bin ich bei dir, und erachte die Verwendung von Metaphern auch als einen schöpferischen Prozess. Dieser liegt aber auch im gleichen Maße beim Rezipienten vor. Im kollektiven Bewusstsein und Erlebnis können so Götter geschaffen werden. Das war meine Brücke zur Religion.
Wie bei allen Kommunikationsformen braucht es Sender und Empfänger, um das angestoßene Universum einer Metapher auf die Bedeutungsebene zu hiefen. Denn welche Kraft hat eine Metapher, wenn sie nicht verstanden und in Bilder umgesetzt wird.
Wollte man sich jetzt nur auf die kunstvolle technische und funktionelle Verwendung von Metaphern in der Poesie beschränken, fallen mir sofort die Haikus ein, welche in ihrer Grundidee ausgerechnet solche Metaphern vermeiden. Sollte sich hier ein regionaler Mentalitätsunterschied von Verdichtungskunst offenbaren. ( Eastern vs. Abendland) Hätten ein Rilke, Busch, Goethe und Konsorten das Haiku nicht schon längst kunstvoll verdichtend mit Binnenreimen gebacken, um bei deinem Brotvergleich und Schöpfungsvergleich zu bleiben? Verbirgt sich hinter der Verwendung von Metaphern Bildungsstand und Kultur eines geschlossenen Denksystems? Versucht hier menschliche Hybris in den Schöpfungsprozess einzugreifen, während die Schöpfungskraft der Natur offensichtlich ohne Metapher arbeitet und auskommt. Und sollte sich Mensch als Teil dieser Natur begreifen, anstatt in anstrengenden Verdichtungsprozessen sein göttliches Schöpfungspotential auszuleben. Für einen Haiku- Puristen könnte Demut die Abkehr von der Metapher bedeuten. Ich will diese Gedanken nur in den Raum stellen und dir als Feedback auf deinen Text zurückgeben, da er zumindest solche Überlegungen bei mir angestoßen hat.

Ich denke, dein Essay wollte aber viel eher auf die kunstvolle Verwendung von Metaphern in der Poesie hinaus, als über solche Grundsätzlichkeiten zu fabulieren. Das geht zumindest aus deiner Antwort hervor.
Vielleicht schafft es der Text besser, solch eine Diskussion in Gang zu setzen, wenn er z.B. speziell auf Haikus eingeht, oder deiner theoretischen Betrachtung anschauliche Beispiele aus der Poesie folgen lässt. Da du sehr ausführlich auf die Überlegungen von Hannah Arendt eingegangen bist, wurden Akzente gesetzt, und für mich schon eine grundsätzliche Denkart vorgegeben.
L.G.AZ
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