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Alt 23.12.2009, 08:30   #1
Ibrahim
Verstorbener Eiland-Dichter
 
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Standard Jiddisch statt Hebräisch und Arabisch

Im syrischen Städtchen Ma’alula, dessen Häuser sich eng an die schroffen Abhänge einer Felsschlucht schmiegen, wird heute noch Aramäisch, also die Sprache Jesu gesprochen. Die Bewohner sind in der Mehrzahl Christen. Die Muslime bedienen sich, wie es halt in Syrien so üblich ist, der arabischen Sprache. Das wäre an und für sich gar nicht besonders erwähnenswert. Es fällt aber auf, dass die Christen mit den Muslimen (und umgekehrt) in ihrer jeweiligen Muttersprache verkehren und es trotz der Verwendung zweier Sprachen zu keinen unüberbrückbaren Verständnisproblemen kommt. Diese Tatsache gab mir Anlass zum Sinnieren.
Hätten Jesus und Arafat in einer Zeitebene gelebt, wäre unter Umständen so mancher palästinensische Konflikt schon im Keime erstickt worden. Nicht alle Bürger des heutigen Israel sind des Hebräischen mächtig und Arabisch sprechen viele schon gar nicht. So etwas kann, ja muss zu Missverständnissen führen. Als Ausweg bietet sich da Jiddisch an, das aber weder Arafat noch Jesus beherrscht haben (bei Arafat weiß ich es, bei Jesus kann ich es nur vermuten). Trotzdem, schön wäre es doch gewesen:
Arafat: A gutn morgn, Jesselebn, wie is doß gesunt? (Guten Morgen, Jesus, wie geht es dir?)
Jesus: A gutn tog, Yassirleben, a broche oif aich! (Guten Tag, Yassir, sei gesegnet!)
Arafat: Lomir gejn spazirn! (Gehen wir spazieren)
Jesus: Schoin lang kejn bißn in moil nischt gehat. Ich wil eßn. (Ich habe schon lange nicht mehr gegessen, ich habe Hunger) … Ja, so hätten sie gesprochen, geplaudert und die Bildhaftigkeit und Gemütlichkeit dieser Sprache hätte alles Politische zur Nebensache werden lassen. Jiddisch für Juden und Palästinenser, einer Versöhnung würde nichts im Wege stehen.
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Ich will mit meinen Reimen die Leute zum Schmunzeln, Weinen oder Fluchen bringen.
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