Thema: Bäume
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Alt 23.10.2011, 13:14   #2
Stimme der Zeit
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Hallo, liebe Dana,

entdecke ich hier auch etwas, das ich als "augenzwinkernden Trotz" bezeichnen könnte? Besonders in der ersten Strophe. Mein Vorschlag wäre allerdings, den Titel zu ändern, ich finde, er "verrät" zu viel. Jedenfalls wird auch aus dem Text selbst heraus klar, dass außer Bäumen noch etwas "Anderes" gemeint ist. Mich hätte es "gereizt", das selbst heraus zu finden. (Das ist aber nur meine Meinung!)

Die "erste Ebene" beschreibt die Bäume, das Verfärben der Blätter vom Grün zum Gelb, dann zum Rot. Der Wind "verweht" sie, dann stehen sie kahl und "nackt" da. Im Winter legt sich durch den Frost der Reif auf sie, später fällt Schnee und "kleidet" sie in Weiß. Bevor dann das Leben im Frühling neu beginnt.

Zitat:
Die Bäume haben längst die Faxen dicke
im ewig grünen Kleid herum zu stehn;
vergilben muss es, bis zur Schames Röte,
und mit dem Wind verderben und vergehn.
Die "zweite Ebene" beschreibt eine Frau, die mittlerweile (die Formulierung gefällt mir!) die "Faxen dicke" hat, sich zu schminken, mit Cremes, Salben und anderen, weniger "sanften" Methoden gegen der Älterwerden "vorzugehen". (Wobei ich so Sachen wie "Gurkenmasken" eh für Quark halte.) Seltsam eigentlich, dass dieser "Part" den Frauen zugeschrieben wird - Männer dürfen älter aussehen und werden trotzdem noch als "attraktiv" betrachtet. (Allmählich aber habe ich den Eindruck, als ob das dabei wäre, sich zu ändern - leider nicht zum Besseren. Anstatt dass die Männer sich ebenfalls dem Jugendwahn ergeben, sollten Frauen in aller "Gemütsruhe" älter werden dürfen ...)

Ich finde nicht, dass "Vergilben" eine "Schamesröte" nach sich ziehen sollte. Das wirklich Ärgerliche ist nämlich, dass wir Frauen selbst bereit sind, so zu denken. Warum sollte eine ältere Frau nicht schön sein? Weil sie dem uns "eingeimpften" jugendlichen "Schönheitsideal" nicht entspricht? Hmpf. Nein, da "verdirbt" nichts! Ein wahres Wort: Wahre Schönheit liegt im Inneren! Und sie altert nicht.

Deshalb gefällt mir die zweite Strophe wesentlich besser.

Zitat:
Sie wollen nackt dem Winter sich ergeben,
der glanzvoll sie umnebelt und bereift,
im weißen Brautgewand beginnt ein Lieben,
das sich in Frühlingstrieben neu begreift.
Eben. Der "Winter" soll sie "glanzvoll umnebeln und bereifen" - und, im Gedicht zwar nicht erwähnt, soll sie auch ihren eigenen "Glanz" erkennen, der unabhängig vom Alter, vorhanden ist. Das Älterwerden hat auch Vorteile, über manches muss man sich keine "Gedanken" mehr machen. Statt dessen kann die Liebe "neu begriffen" in "Frühlingstrieben" wieder "aufblühen", mit einem Faktor der "Unbeschwertheit", die zuvor nicht möglich war. Jung sind wir im Herzen, liebe Dana!

Zitat:
„Frauen sollten bedenken, daß ein Apfel nichts von seinem Wohlgeschmack verliert, wenn ein paar Fältchen die Schale kräuseln.“

Auguste Brizeux
Sehr gerne gelesen und kommentiert.

Liebe Grüße

Stimme
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