Thema: Der Korb
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Alt 22.08.2015, 13:55   #4
Stachel
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Lieber Falderwald, lieber Erich,

ich danke sehr für eure ehrlichen, wenn auch leicht verstörten/ratlosen Antworten.
Letzteres war nicht meine Absicht, zeigt aber eine interessante Wirkung.

Ihr habt sehr schön die beiden wesentlichen Punkte herausgearbeitet:
1. Es geht um einen profanen Alltagsgegenstand: eine Korblampe
2. Die von mir genutzte Sprache ist total verschwurbelt und umständlich.

Für den zweiten Punkt habe ich nicht nur über die Maßen geschachtelt, weshalb auch (@Falderwald), der Satz über die beiden Terzette genau so bleiben sollte. Du hast ihn zwar gekonnt vereinfacht, aber das läuft meiner Intention zuwider.
Das Mittel der Übersteigerung findet sich auch in Formulierungen, wie z.B. "schönsten aller schwarzen Schnüre", V10

Zitat:
Zitat von Falderwald Beitrag anzeigen
Allerdings erschließt sich mir in S2/Z2 die Aussage „denen Raum in ihm man wies“ nicht wirklich. Was ist damit gemeint?
Bei dem Korb, der dieser Lampe nun als Schirm dient, handelt es sich üblicherweise um einen Behälter. Es wurden vormals Dinge hineingelegt.

Als man den Korb umfunktionierte, wurde er zum Designelement (V7,8).
Von nun ab (V5) wird er keine Dinge mehr enthalten, die man ihn ihn hineinlegen kann (V6). Man kann keinen Dingen (außer dem Leuchtmittel o.ä.) mehr ihren Platz/Raum in diesem Korb zuweisen, also diesen ehemaligen Behälter als Aufbewahrungsort für sie bestimmen.

Auch hier sollte es schön schwurbeln.


Zitat:
Zitat von Erich Kykal Beitrag anzeigen
Rilke konnte ganze Gedichte über eine einzige Rosenblüte, eine Gazelle, einen Apfelbaum, einen Schwan oder eine Hortensie schreiben.
Das konnte er wohl. Jetzt weißt du ja, dass ich es mit seiner "lyrischen Art" nicht so habe. Für mich ist es vor allem Geschwurbel. Ich schwurbel sprachlich allerdings total anders, nämlich vor allem mit Schachtelsätzen.
So ist es hier geschehen. Geschwurbel über Profanes.

Zitat:
Zitat von Erich Kykal Beitrag anzeigen
Dein Sonett hier - sorry to say - liest sich irgendwie eher wie ein gereimter, aber schlecht übersetzter Ikeabauplan für eine "Korblampe Smörre" oder so.
Zu entschuldigen gibt es zwar nichts, ich begrüße euer beider Ehrlichkeit und eure fachliche Auseinandersetzung ganz ausdrücklich, aber dem Bild mit dem Bauplan kann ich nicht zustimmen. Der wäre nämlich vor allem eines: leicht lesbar. Mindestens aber müsste er Handlungsanweisungen enthalten.

Zitat:
Zitat von Erich Kykal Beitrag anzeigen
In gestelztem, auf pseudoedel gebürstetem Deutsch ("überdies", "fürderhin", "berühre")
Wieso du "ich berühre" in diese Reihe setzt, verstehe ich nicht. Die anderen beiden hast du allerdings genau richtig charakterisiert.

Zitat:
Zitat von Erich Kykal Beitrag anzeigen
Das überzeugt nicht. Hier zündet ob der umständlichen Beschreibung kein emotionaler Funke, der den Leser mit dem Text verbinden würde. Das hinterlässt eher ratlos und unbefriedigt.
Und damit beschreibst du haargenau das, was ich bei Rilke so oft empfinde. Ich hege allerdings Hoffnung. Ich weiß aus Gesprächen, dass ich damit nicht alleine stehe. Vielleicht finden sich hier in der virtuellen Welt ebenfalls Leute, die Spaß am "Schwurbeln" haben und eine gewisse Ironie in den Versen ausmachen können.

Zitat:
Zitat von Erich Kykal Beitrag anzeigen
Zuletzt: Ich will dich hier nicht vorführen oder mich selbst erhöhen. Ich schreibe nur ehrlich über meine Empfindungen, damit dem Autor verständlich wird, wie sein Werk - zumindest auf mich - wirkt. Ich hoffe, du verstehst das.
Achwas, ich begrüße deine ausführlichen und tiefgründigen Hinweise ausdrücklich! Das gilt natürlich auch für Falderwald. Ihr beide zwingt mich dazu, mir über die Intention des Gedichtes genauere Gedanken zu machen. Was ist es? Ist es Satire? Verballhorne ich Rilke? Nehme ich ihn - mit anderen sprachlichen Mitteln - auf die Schippe?
Kunst muss/darf/soll verstören und zu Diskussionen und Auseinandersetzungen anregen. Das habe ich geschafft. Ist das Gedicht somit Kunst?

Ihr gebt mir wichtige Rückmeldungen zur Wirkung der Worte auf euch. Ihr fordert Erklärungen ein und bringt mich dabei meinem Text kritisch näher. Dieser Austausch ist mir sehr wichtig und er stellt dar, was mir an anderen virtuellen Orten meist fehlt. Manches kann ich erklären und verteidigen, manches werde ich besser korrigieren. In diesem Fall überwiegt die Verteidigung.

Ich danke euch herzlich und hoffe, ich konnte euch das Gedicht erhellen.

Freundliche Grüße vom
Stachel

PS: Da ich die Fragen aufgeworfen habe und nicht unbeantwortet lassen wollte, hier noch meine Meinung:
Ja, es ist Kunst. Mir gefällt es sogar deutlich besser als besagte Gazelle, was wohl aufgrund meiner Nähe zu meinen eigenen Texten kein Wunder ist. Nach längerer Überlegung würde ich das Gedicht als eine Art Dinggedicht mit parodistischen Zügen kategorisieren. Generell tue ich mich aber mit Kategorien oft schwer. Schubladen können ja so beengend sein.

Geändert von Stachel (23.08.2015 um 14:10 Uhr) Grund: PS bearbeitet
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