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Alt 07.03.2017, 11:48   #16
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heimkehrerin
 
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Zitat von Erich Kykal Beitrag anzeigen
Man riet mir ernstlich, nüchterner zu schreiben,
zu schwülstig überladen sei mein Dichten,
zu negativ, beladen von Gewichten
der Inhalt, den die Zeilen übertreiben.

Ich solle bei moderner Sprache bleiben,
um offen klare Worte aufzuschlichten,
geradeaus wie Stämme hoher Fichten,
durch die man wandelt, ohne sich zu reiben.

Wie wäre Lyrik mir gefühlsbereinigt
und seelenloser, wenn ich dem willführe!
Wer wahre Schönheit mit Gemeinem steinigt,

erhebt den Leser nicht, verschließt die Türe
zu Klang und Tiefe, und sein Stammeln peinigt
des Lauschers Ohr mit humpelnder Allüre!

Hach ja, lieber Erich,

das erinnert mich doch an so manche eher gruselige Erfahrung, die ich als (gar nicht mal so ganz) frischgebackene Lyrikforen-fee seinerzeit machen "durfte" (nicht hier auf dem Eiland!!!). So gut wie alles, was du hier als Ratschläge anführst, habe ich ziemlich genau so auch von irgendwelchen selbsternannten Lyrikforen-Größen seinerzeit als "einzig wahre Dichtkunst" eingetrichtert bekommen (natürlich immer Hand in Hand mit sehr rigorosen Abkanzelungen meiner Gedichte, mit denen ich offensichtlich ihre empfindsamen Ansprüche an "gute Lyrik" beleidigte).

Wenn man da nicht den entsprechenden Dickkopf oder das nötige Selbstvertrauen mitbringt, kann man schon ins Wanken geraten. Und ich kann mich auch beim besten Willen an keinen einzigen solchen Kommentar erinnern, wo auch nur ansatzweise versucht worden wäre, das behutsam und halbwegs wohlwollend zu erläutern. So, dass man sich eingeladen fühlt.
Da war schon eher das Gefühl, man hatte denen da was "zugemutet" mit seinem garstigen Geschreibsel und müsse nun dafür gradestehen (aber nicht allzu grade und auch das nicht allzu lange...ich glaube, das Kleiner-machen und Auf-die-Knie-zwingen angesichts einzig wahren Expertentums auf diesem Gebiet war das eigentliche Ziel und Programm).

Heute kann ich darüber nur noch grinsen. Damals hatte ich zum Glück zwar den nötigen Dickkopf (wie alle hier, die mich schon länger kennen, sicher wissen ), aber verunsichert und vor allem viel von der Freude genommen hat es dennoch. Und das, obwohl ich für mein Empfinden ohnehin schon "nüchtern" schreibe.

Ich kann mich auch erinnern, dass es total verpönt war (und in solchen Kreisen vermutlich auch noch immer ist), persönliche Befindlichkeiten oder Gefühl an sich in Gedichten zu transportieren. Igittigitt! "Befindlichkeits-Lyrik! Pfui-Bäh!" Sowas will keiner. Da reibt zu viel und bleibt womöglich ungut haften.

Klar, die Grenze von "genau richtig" zu "zuviel des Guten" ist schon mal leicht überschritten und etwas Distanz zu den eigenen Texten schadet auch nicht - aber man kann es auch in die andere Richtung übertreiben. Es gibt erschreckend viel gefühlsüberladene Schwullstlyrik - keine Frage! Aber es gibt auch genau so erschreckende "Moderne Lyrik" - nur nicht in ähnlich großer Zahl, weil ja elitär und so...

Gut möglich, ich bin einfach wirklich nicht "gebildet" genug, um diese Art von Lyrik zu verstehen. Aber ich muss ja auch nicht. Solange ich mir nicht einbilde, es besser zu wissen und andere ähnlich belehren zu müssen... überhaupt: ich kann dieses "So und nicht anders gehört das gemacht! Und ICH muss es ja wissen, denn..." nicht leiden. In keinem Lebensbereich, wo es um Freude am Tun geht. Wenn mein Nachbar an der Staffelei neben mir eine große Freude mit seinen naiv gemalten Landschaftsbildern hat, dann ist das doch schön! Nur, weil ich selbst mit naiver Malerei nix am Hut habe und eher die klassische Moderne mag, heißt das ja noch lange nicht, dass ich etwas besser kann oder verstehe.

Und ich muss auch nicht überall raushängen lassen, falls ich mal wirklich meine, etwas besser zu wissen. Ich bin da gänzlich lehr- und wettbewerbsbefreit - und je älter ich werde, um so freier werde ich. Auch wenn es darum geht, ob und wievielen gefällt, was ich schreibe oder male. Ich tue es für mich, ich freue mich über jede Auseinandersetzung mit meinen Texten und ich genieße vor allem den Austausch und die Inspiration, die ich durch das Lesen der Gedichte anderer finde. Und dann finde ich besonders spannend, wenn diese Gedichte so ganz anders gemacht sind als meine eigenen.

Aber egal wie man es dreht und wendet und in welche Richtung man nun tendiert - für mich ist IMMER wichtig, dass ich Gefühl und Seele in und zwischen den Zeilen lese. Und das geht bei jeder Form von Lyrik - vorausgesetzt, es ist etwas davon vorhanden.

Du siehst, lieber Erich, ich habe das "Gemeine" also eher im Sinne von "wenig nett" interpretiert als im Sinne von "gewöhnlich". Aber das geht beides ohnehin oft Hand in Hand. So rein menschlich betrachtet.

Schreib du, bitte, weiter, wie es dich am glücklichsten macht. Aber bei dir mach ich mir da ohnehin keine Sorgen. lol

Lieber Gruß,
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