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Alt 28.11.2011, 14:12   #2
Thomas
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Liebe Stimme der Zeit,

ja, der gute Schiller wurde leider auf einen hohen Sockel gehoben, so hoch, dass niemand mehr dran kann. Dabei war er ein echt cooler Typ. Danke für den Buchtipp. Das Zitat aus dem Klappentext stammt übrigens aus dem Gedicht 'Bittschrift', welches Schiller während seiner Arbeit am Don Carlos in Dresden schrieb, als er bei seinem Freund Körner (dem 'Freund' aus der 'Ode an die Freude') wohnte. Hier ist es in voller Länge.


Bittschrift


Dumm ist mein Kopf und schwer wie Blei,
Die Tabaksdose ledig
Mein Magen leer - der Himmel sei
Dem Trauerspiele gnädig.

Ich kratze mit dem Federkiel
Auf den gewalkten Lumpen;
Wer kann Empfindung und Gefühl
Aus hohlem Herzen Pumpen?

FEUR soll ich gießen aufs Papier
Mit ANGEFROHRNEM Finger? - -
O Phöbus, hassest du Geschmier,
So wärm auch deine Sänger.

Die Wäsche klatscht vor meiner Tür,
Es scharrt die Küchenzofe -
Und mich - mich ruft das Flügeltier
Nach König Philipps Hofe.

Ich steige mutig auf das Ross;
In wenigen Sekunden
Seh ich Madrid - am Königsschloss
Hab ich es angebunden.

Ich eile durch die Galerie
Und - siehe da! - belausche
Die junge Fürstin Eboli
In süßem Liebesrausche.

Jetzt sinkt sie an des Prinzen Brust,
Mit wonnevollem Schauer,
In IHREN Augen Götterlust,
Doch in den SEINEN, Trauer.

Schon ruft das schöne Weib Triumpf
Schon hör ich - Tod und Hölle!
WAS hör ich? - einen nassen Strumpf
Geworfen in die Welle.

Und weg ist Traum und Feerei,
Prinzessin, Gott befohlen!
Der Teufel soll die Dichterei
Beim Hemdenwaschen holen.


gegeben in unserm jammervollen Lager ohnweit dem Keller,
F. Schiller, Haus- und Wirtschafts-Dichter.


Liebe Grüße
Thomas, Spaß- und Hobby-Dichter
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