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Alt 29.09.2014, 12:01   #6
Claudi
Senf-Ei
 
Registriert seit: 26.04.2014
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Hi Chavi,

Du hast Dich richtig reingehängt. Das sehe ich auf den ersten Blick. Kaum zu glauben, dass Du der Odenform so wenig abgewinnen kannst. Du hast eine schöne Versbewegung hingekriegt, der man die Anstrengung, das Trochäeneinerlei aufzubrechen, überhaupt nicht anmerkt. Und das liegt nicht allein an der zeilenübergreifenden Satzkonstruktion, die zweifellos auch eine Rolle spielt. So soll es sein!

Inhaltlich hast Du in S1 mit den prangenden Sternen einen schönen Kontrast zur düsteren Stimmung gesetzt. Das Prangen am Versende ist eigentlich mehr sonettgeeignet und für die Ode zu klangvoll. Hier ist es aber stilistisch wunderbar angebracht. Um den Kontrast noch einen Tick zu verstärken und das "und" in V3 zu vermeiden, würde ich Dir gerne einen Vorschlag machen:

Schattenrisse quälen im Tannenwald den
Wandersmann, entrückte Gedanken streben
in das Dunkel. Über den Wipfeln prangen
leuchtende Sterne.


"Eiskalt" im letzten Adoneus ist eigentlich ein ideales Odenwort, nur leider hier an der falschen Stelle. Auch finde ich, die Kombination "eiskalt erstarren" neigt schon sehr zum Pleonasmus. Da Du nicht mehr viel an dem guten Stück herumfummeln magst, schlage ich Dir auch für diese Strophe etwas vor:

Schaurig dringt der heulende Ruf der Wölfe
durch die Stille. Grauen erwacht. Die Tat der
Todessehnsucht lastet auf dieser Seele. (nagt an des Mannes Seele o.ä.)
Lässt sie erstarren.



Das trifft es noch nicht ganz genau. Ich denke nochmal drüber nach, wenn Du willst. In V2 habe ich die Zäsuren etwas härter gemacht. Das Stockende gibtt m.E. hier besser die depressive Stimmung wieder. Allgemein würde ich (jetzt mit den ersten Erfahrungen) die Versenden dumpfer klingen lassen. Aber in meinem Erstlingswerk hatte ich da auch noch nicht drauf geachtet.

Gut gemacht! Kompliment! Und vielleicht leckst Du ja doch noch irgendwann Blut. Wenn nicht, ist das natürlich auch in Ordnung. Die Form ist schon sehr speziell und nicht jedermanns Sache.

Liebe Grüße
Claudi
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Rasple die Süßholzwurzel so fein, dass es staubt, in den reichlich
Abgestandenen Quark; darüber verträufele Wermut,
Bis aus dem Rührwerk, Burps! endlich das Bäuerchen kommt.

Geändert von Claudi (29.09.2014 um 12:16 Uhr)
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