Thema: Intermezzo
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Alt 09.10.2011, 11:11   #2
Stimme der Zeit
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Hallo, liebe larin,

"Intermezzo" - ein Zwischenspiel, etwas, das nur von kurzer Dauer ist. Ich finde, der Titel ist sehr gut gewählt.

Die Frage ist, um welche Art von "Zwischenspiel" es sich handelt. Es könnte eine Urlaubsromanze sein oder es handelt sich um eine außereheliche Beziehung, in der das LD sich doch entschieden hat, zur Familie zurückzukehren. Möglich wäre auch eine Beziehung, die nicht "tief" gehen sollte, in der sich das LI aber doch verliebt hat. Ebenso kann es sich auch um eine Scheidung handeln ...

Das LD scheint hier außer dem "letzten Gruß" nicht sehr "präsent" zu sein, das erweckt in mir die Vermutung, dass für ihn die Trennung nicht so belastend ist wie für das LI, dessen Gefühle sehr stark zu sein scheinen.

Besonders eindringlich finde ich diese Passage im Gedicht:

Zitat:
Der Abend zieht sich eine Fratze an und lacht
erbarmungslos herab.
Als ob das LI die Empfindung hätte, dass etwas "Nicht-Lebendiges" wie ein Abend die Fähigkeit besäße, sie erbarmungslos zu "verhöhnen", so jedenfalls wirkt das auf mich.

Die Zukunft scheint unsicher, eben "hinter Milchglas". Das LI fragt sich, wie soll das Leben nur weitergehen?

Dann die (zögerliche) Frage: Wirst du mir einmal (wenigstens einmal?) schreiben? Es ist tragisch, vor einem Scherbenhaufen zu stehen, und zu begreifen, dass Tränen nicht helfen, wenn ein "Traum ins Nichts zerstiebt".

Wie ich oben bereits erwähnte, dem LD fällt der Abschied offenbar nicht so schwer, denn er macht sich auf seinen Weg.

"Schranken" interpretiere ich als Hinweis auf die Abreise, vielleicht mit einem Zug. Ein Blick zurück - das klingt beinahe "beiläufig", einfach nur ein Blick - und dann bleibt das LI alleine stehen, mit den leisen, traurigen Gedanken, die dem LD noch lange "hinterher flehen".

Ein wirklich trauriges Gedicht, und sehr berührend. Ich fürchte, es ist immer so, wenn eine Seite (so kommt es mir vor) wesentlich tiefer empfindet als die andere.

Formal unterstützt der Wechsel zwischen 5 und 6 Hebungen den Inhalt, es passt zu den "aufgewühlten" Empfindungen des LI.

Es braucht zwar einen zweiten "Lese-Anlauf", um in den Rhythmus zu finden, aber ich habe ihn "gefunden". Die Kadenzen sind dabei "behilflich", denn sie sind sehr stringent geordnet, was verhindert, dass es zu "unruhig" wird. Der Wechsel ab Strophe 3 spielt dabei keine direkte Rolle.

Auch der letzte Vers, der 14 Silben "lang" ist, harmoniert mit seinem Inhalt.

Eine kurze Anmerkung noch:

Zitat:
wie Sand im Wind. Wirst du mir einmal schreiben?
Ich weiß nicht, mir persönlich gefiele "(... verfliegt) wie Rauch im Wind." besser. Aber ich denke, du hast absichtlich den Sand gewählt - ich kann nur nicht sagen, ob er eine ganz bestimmte Bedeutung hat oder du nur "Rauch im Wind" nicht schreiben wolltest, da es schon so oft da war. (Für mich persönlich gibt es allerdings den Begriff "ausgelutscht" eigentlich nicht, denn ansonsten dürften wir kein einziges Wort mehr schreiben ...)

Was diese Zeile betrifft, muss ich aber auch ein bisschen "kritteln", denn 7 Einsilber hintereinander verursachen hier ein kleines Metrumproblem. Ich kann "Wirst" unbetont lesen, aber ich möchte es unwillkürlich betonen - das hat mich beim Lesen hier "stolpern lassen. Es liegt auch an der Zäsur, du verstehst sicher, was ich meine. Für einen Vorschlag müsste man aber umschreiben, und das mache ich dann generell nicht. Es ist dein Gedicht, mal etwas umstellen ja, aber "eingreifen" ist nicht meine Art. Vielleicht denkst du darüber nach?

Dein Gedicht hat mir gut gefallen. *Seufz* Traurige Gedichte, wenn sie, wie hier, gut geschrieben sind, sagen mir oft zu - schade, dass ich das selbst einfach nicht hinbekomme. Mir fehlt das "Weiche", fürchte ich.

Gerne gelesen und kommentiert.

Liebe Grüße

Stimme
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