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Alt 01.06.2009, 10:10   #1
bibi
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Standard Im Reich der Rotbacken-Trolle

Es war einmal vor langer langer Zeit, im Reich der Rotbacken-Trolle. Da machte sich einer auf, den Stein der Schönheit zu finden. Denn es hieß, dass dieser Stein, trüge man ihn stetig zwischen den Backen, dem Besitzer ein Antlitz bescherte, das seines Gleichen suchte.

Alois Eduard Guteluft schnürte also sein Bündel. Er nahm getrocknete Fliegenhoden, zur Stärkung, vergorenen Salamanderurin, zur nächtlichen Tröstung und seinen besten Wanderstock, den er in mühsamer Kleinarbeit aus den Fingerknochen von Waldzwergen gefertigt hatte, mit, winkte seiner Liebsten zu und verschwand im Dickicht des Knorkwaldes.

Über Berge und Täler wanderte er ganze zwölf Tage und elf Nächte. Am morgen des zwölften Tages begegnete ihm eine Schnecke. Sie musste uralt sein, denn ihre Schleimspur war schon ganz grün und roch nach dem Mageninhalt zu lange abgehangener Klabauterfrösche, die zwar sehr schmackhaft, aber leicht verderblich sind.

Alois Magen knurrte laut und erinnerte ihn daran, dass er am Vortag den letzten Fliegenhoden verspeist hatte und sich um Nahrung kümmern musste.
Die Lungen der Schnecke rasselten und bei jedem ausatmen lösten sich Beläge von ihren Bronchien. Sie verschluckte sich mit einem finalen Hustenanfall, würgte madenähnliche Bröckchen hervor und blieb keuchend vor Alois Füßen stehen.

„Na Kindchen. Was suchst du hier auf meinem Grund und Boden?“ Die Schnecke beschnupperte ungeniert Alois Beine und Bauch.

Hinter Dornenbüschen und Sträuchern erblickte der Troll ein riesiges, gutgepflegtes Anwesen, das er bis dahin noch gar nicht bemerkt hatte.
„Ich bin auf der Suche nach dem Stein der Schönheit.“ Er deutete eine Verbeugung an und nannte seinen Namen. Nachdem er die tiefen schmutzigen Falten seines Gegenübers genauer betrachtet hatte fügte er hinzu: „Aber du kannst mir da sicher nicht weiterhelfen.“

Die Schnecke gackerte und gluckste bis ihr die Tränen über die Wangen liefen und sie von einem erneuten Hustenanfall geschüttelt wurde.
„Wenn du mir drei Dienste erweist, werde ich dir den Stein überlassen.“ Sie stieß einen blubbernden Schrei aus und sofort kamen zehn kleine Zwerge – es waren in Wahrheit weit mehr, aber Trolle können bekanntlich nur bis zehn zählen – aus den Büschen und verbeugten sich tief vor ihrer Herrin. Dass es sich um Diener handelte daran bestand kein Zweifel, denn sie trugen Uniformen. Jeder eine rote enge Hose und ein grünes am Kragen geschnürtes Oberteil.

Trolle sind dumm, das weiß ein jedes Kind. Und so verwundert es auch nicht, dass Alois der Alten und ihrer Dienerschaft folgte ohne einen Beweis zu fordern, dass sich der Stein der Schönheit tatsächlich in deren Besitz befand.
Das Haus war ein riesiges Gebäude mit Türmen, unzähligen Erkern und vergitterten Fenstern. Gebaut war es aus den verschiedensten Materialien. Stein, Holz und Knochen.

Die Tür schloss sich hinter Alois und er konnte nichts mehr sehen. Aber riechen konnte er. Trolle haben einen ausgesprochen guten Geruchssinn. Die Luft war schwer und der Sauerstoffgehalt extrem gering. Es roch nach verwestem Fleisch. Doch noch etwas lag in der Luft, etwas das Alois nicht kannte.
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