Hi Hans!
Das Sonett handelt von der gesellschaftlichen Schuld, an die zu glauben wir gelehrt werden:
Dass unsere Eltern uns versorgen, ist gentisch programmiert und zugleich echte Liebe. Der Staat aber betrachtet uns als Investitionsobjekte, in die er Geld pumpt, um es später mit Zinsen zurückzuerhalten: Er bezahlt unsere Schulbildung, unser Studium, unseren Schutz und unsere Gesundheitsversorgung und erwartet dafür, dass wir zu brav Steuer zahlenden und arbeitsamen Stützen unserer Kultur werden, die im Fall des Falles auch noch mit der Waffe in der Hand für ihn kämpfen und sterben.
Wir haben uns selbst domestiziert und sind zu Ameisen im Dienste unserer Gesellschaftsordnung geworden, von Konsum und Medien eingelullt und ersatzbefriedigt, aber wenn wir im Dienste dieses Systems zerbrechen, werden wir oft genug im Stich gelassen und der Barmherzigkeit weniger übereignet, die sich dann noch zuständig fühlen.
Die Kirche ist noch schlimmer: Für ein Leben in Gehorsam und ohne Sünde (was alles beinhaltet, was das System schädigen könnte) verspricht sie die Belohnung für nach dem Tode - wie praktisch!
Kennst du den alten Witz? Unterhalten sich der Bischof und der König übers Herrschen, und der König sagt zum Bischof: "Halt du sie dumm, ich halt sie arm!"
Irgendwann fügt man sich den Konventionen, begehrt nicht mal mehr innerlich auf, weil es zuviel Energie kostet und eh nichts bringt. Ich war früher ein heimlicher Verehrer des Chaos - ein Anarchist mit Gewissen, der einfach nur frei und ohne aufgezwungene Regeln leben wollte - eine Illusion, wie mir heute klar ist. Aber sind die scheinbare und ach so leicht auszuhebelnde, weil gefühllose Geborgenheit und Sicherheit unserer Gesellschaft den Preis wert, den wir dafür zahlen?
Vielen Dank für deinen Kommi und die lobenden Worte!
LG, eKy