Thema: Sonett
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Alt 17.08.2016, 23:32   #33
Kokochanel
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Guten Abend zusammen,

ich finde die Diskussion hier so langsam ärgerlich bis verwirrend.
Man einigte sich darauf irgendwie, dass es irgendwie nicht ein Sonett ist und doch möchte man es so nennen, weil es so nett ähnlich ist?
Warum?
Um einem Dichtenden, der mit namhaften ( oder auch nicht namhaften) Referenzen daherkommt und als Rechtfertigung die Sonette an Orpheus wählt, die zur damaligen Zeit bereits von Dichtern angegriffen wurden und als Lapsus Rilkes angesehen? Das ist mir zu banal.

Dieses Gedicht von Romantiker hat außer den 2 Quartetten und 2 Terzetten nichts mit einem Sonett gemein.
Die Thesenstruktur kann ich beim besten Willen nicht erkennen, die Metrik stimmt nicht und es wurden einige Fehler in Satzstruktur und Bildhaftigkeit nachgewiesen.
Ich frage mich, warum um alles in der Welt sollen wir uns nun ( und so wirkt es auf mich) unbedingt dahin entwickeln, dass wir dieses Werk so als Sonett akzeptieren?

Sicherlich hat sich die Dichtung heutzutage verändert und sicherlich gibt es viele Varianten, künstlerisch mit dem Wort umzugehen. Sicher ist auch, dass Verlage das verlegen, was sich verkaufen lässt und dieser Stil lässt sich vielleicht verkaufen. Keine Ahnung. Ich würde es nicht kaufen.

Ich muss hier nicht insistieren, im Grunde kann es mir egal sein, ob es ein Sonett ist oder nicht.
Nur, wenn sich das Forum um Glaubwürdigkeit bemühen möchte, auch und ins Besondere in Bezug auf Kritik an anderer Autoren Werken, die vielleicht ähnliche Fehler aufweisen, dann sollten wir uns hier für eine Linie der Textkritik entscheiden.Wollen wir es eng sehen oder wollen wir nicht.

Wir können alles schreiben und wir können es so nennen wie wir wollen: Wir können eine falsche sapphische Ode schreiben und können sie sapphische Ode nennen. Wir können sie auch Tischdecke nennen. Nur entscheiden müssen wir uns.
Wollen wir die klassische Dichtung erhalten, vielleicht sogar neu beleben, anerkennen oder wollen wir uns irgendwas zusammenstricken und uns darin bestätigen wie toll wir doch alle sind?

Toleranz in der Hinsicht verwässert, verwischt und löscht letztendlich aus.

Wir können Elegien schreiben ohne Zäsur und im Jambus und sie Elegien nennen, wir können Limericks schreiben ohne Metrik und ohne Witz und sie dennoch Limerick nennen. Wir können alles machen. Aber wir machen damit die Klassik kaputt.

Ich möchte die Klassik so sehen: Als Vermächtnis, als Verpflichtung.

Wer das nicht will, kann das gerne tun. Aber ich sehe nach wie vor in Dichtenden, die es so handhaben, zuerst das Unvermögen und erst dann die Möglichkeit der „dichterischen freien Abwandlung“. Ein solches Gedicht als Sonett zu bezeichnen, ist für mich, sich mit falschen Federn schmücken.

Um den Kreis zu schließen, den ich mit diesem Kommi begann: es ist für mich ärgerlich und nimmt mir die Freude daran, mich hier noch textkritisch mit Werken auseinanderzusetzen.
Denn letztendlich kann man jegliches schreiberische Unvermögen mit dem Mäntelchen der „dichterischen Freiheit“ bekränzen.

Grüße von Koko
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