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Alt 22.01.2010, 15:43   #2
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Hallo Walther,

das ist schwerer Stoff, wie sonst soll man sich erklären, daß dein Sonett bisher noch keinen Kommentar bekam.

Ich gehe mal davon aus, daß du hier den Jona aus dem "Buch Jona" des alten Testaments meintest.

Jona bekam von Gott den Auftrag, nach Ninive zu gehen, um dort zu predigen, weil dessen Bewohner durch ihre Bosheit in Ungnade gefallen waren.
Er aber bestieg ein Schiff, welches in die andere Richtung fuhr und widersetzte sich damit quasi den Anweisungen Gottes, der daraufhin einen Sturm entfachte, der das Schiff in Seenot brachte.
Die Besatzung loste und entschied, daß Jona der Schuldige sei und warf ihn ins Meer, wo er von einem Wal verschlungen wurde.

Im Magen des Wales tat er Buße und betete und wurde drei Tage später wieder an Land ausgespien.

Daraufhin machte er sich auf den Weg nach Ninive und predigte den Nineveten, die anschließend Bußen für ihre Sünden taten.

Gott, der als barmherzig bekannt war, verschonte im Anschluss Ninive und zerstörte es nicht.

Jona, der sich zuerst widersetzte, dann aber den Auftrag ausführte, zeigte sich über diese Begnadigung zu Tode verärgert.

Und da gibt es nun verschiedene Interpretationsansätze.

Jona ist verärgert, weil er diesen ungläubigen Heiden die Gunst der Zuwendung (seines) Gottes nicht gönnt.
Jona fühlt sich quasi verraten, weil er der Stadt den Untergang prophezeite, der aber nicht eintrat, was er selbst schon vorher vermutete.
Noch eine Möglicheit könnte sein, daß Jona die Begnadigung nicht wollte, weil die Stadt Ninive im früheren Assyrien lag, das ein Feind Israels, also seines Volkes war. Gott schickt ihn also, um den Feinden zu helfen.

Das alles ist natürlich sehr schwer zu verstehen, wenn man es von diesen Standpunkten aus betrachtet. Für Jona schien dies sicherlich ein Verrat Gottes an ihm und dem Volk Israel.

Und genau in diesem Punkte irrte er.

Wie Jesus nämlich später predigte, soll man auch seine Feinde lieben und was gibt es ehrenwerteres, als Menschen vor dem Untergang zu retten, auch wenn man gegen seine eigene Überzeugung handeln muss, um diesen eine Chance zu geben.

So könnte ich mir dein Gedicht erklären.

Eine kleine Anmerkung sei mir noch erlaubt:

Zitat:
Denn was ich tu und mach, alles missrät.
xXxXxX, xXxX

Hier zwingst du den Leser zu einer unnatürlichen Betonung, denn ich würde "alles" Xx betonen.
Ansonsten ist die Metrik einwandfrei.


Gerne gelesen, mich damit auseinandergesetzt und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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