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Alt 03.05.2017, 16:47   #6
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heimkehrerin
 
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Wie bereits gesagt - deine Gedichte sollen auch deine Gedichte bleiben,
lieber Eisenvorhang.

Wenn du also mit manchen Vorschlägen kein gutes Bauchgefühl hast, dann verändere dein Gedicht auch nicht dahingehend. Niemand ist hier deswegen beleidigt, wenn du Ratschläge ausschlägst.

Am Ende deines Dichtertages sollst du ja dein Gedicht immer noch gerne lesen und auch als "von dir" wahrnehmen können und nicht als ein dir fremd gewordenes Textgebilde, das zwar viele Kriterien efüllt, aber dafür nicht mehr "deins" ist.

Zitat:
Zitat von Eisenvorhang Beitrag anzeigen
... aber immer das korrekte Reimschema, der Zwang, der dahingehend existiert, einhalten zu müssen, ist komisch respektive nervig.
Von "immer" ist doch gar nicht die Rede, oder? Also ich wäre echt die letzte, die darauf bestehen würde wollen, immer ein "korrektes" Reimschema einhalten zu müssen. Ich mag es, wenn jemand eigene Reimschemata entwickelt. Oder auch mal im freien Vers schreibt.

Was aber einfach ein No-Go ist, ist ein Mix aus beidem...ein paar Zeilen mit angedeutetem Reimschema, dann wieder ein paar ohne...das geht deshalb nicht, weil sich die zwei Sachen gegenseitig in ihrer Qualität behindern anstatt formal den Inhalt noch zu erheben. Und letzteres ist ja eigentlich ein Gedicht - egal, ob gereimt oder ungereimt, ob mit Reimschema oder ohne: der Versuch, einen Inhalt in seiner schönstmöglichen Gestalt strahlen zu lassen. Sonst könnte man ja gleich einen Tatsachenbericht schreiben anstelle eines Gedichts.

Und wie beim guten Design ganz allgemein gilt auch für die Gestaltung eines Gedichtes "form follows function" - zu Deutsch: die gewählte Form sollte die dem Inhalt am besten entsprechende sein und ihn zusätzlich unterstreichen.

Wenn du aber wild hin- und herwechselst und mal Schema ja, mal nein machst, wirkt das, als würdest du erstens die Form nicht beherrschen und zweitens irritiert das dermaßen, dass man die Aussage deines Gedichtes nicht mehr "ungetrübt" wahrnimmt. Stell dir das wie ein lästiges Rauschen im Hintergrund vor, wenn du gerade eine schöne Aufnahme von einem Konzert anhören möchtest. Oder als den einen Klarinettisten, der immer den einen Halbton falsch liegt, wenn gerade deine Lieblingsstelle im Konzert kommt. Das stört ganz empfindlich und hat auch mit "modern" oder "künstlerisch" nichts zu tun. Der kann dann schlicht und einfach nicht gut Klarinette spielen und hat "gepatzt".

Ja, es gibt viele normale Gedichte, die wirklich nicht spannender sind als die Tagesthemen wenn es um lyrischen Genuss geht. Das sehe ich auch so. Aber es gibt eben auch genügend, die sehr wohl was können - ebenso wie es auch sehr viele "kunstvollere" gibt, die einfach nichts taugen, weil da jemand zu wortverliebt alles andere aus den Augen verliert. Da solltest du nicht leichtfertig alles über einen Kamm scheren, sondern diesbezüglich aufmerksam nach solchen suchen, die du - trotz Form - gut findest. Und dann rausfinden, was die von den anderen abhebt.

Als Anfänger sieht man das nicht, welches Können und welche Art von Qualität hinter den scheinbar "schlichteren" Gedichten steckt - einfach, weil dahinter eine Qualität steckt, die wohl einen gewissen Reifeprozess als Dichter (und auch als Leser von Gedichten) erfordert. Da lassen sich viele dann schon mal von scheinbarer Wortgewalt oder -schnörkelei beeindrucken - so gut wie immer aber blättert die derart aufgehuschte Fassade solcher Gedichte bei näherer Betrachtung rasch ab und es bleibt nur ein laues Lüftchen, dem viel besser getan hätte, man hätte dessen Aussage schlichter und "leiser" verpackt präsentiert.

Wenn der Stil eines Gedichtes und seiner Sprache zu sehr über den eigentlichen Inhalt dominiert, dann ist ein Gedicht nicht gelungen. Wenn die Aussage zu sehr über einen erkennbaren Stil oder eine gewählte Form dominiert, ebenfalls. Die Kunst besteht darin, die goldene Mitte zu finden, wo beides - Stil und Inhalt - einander ergänzt und gegenseitig hebt.
Das klingt jetzt so einfach - ist aber wirklich schwer!

Und die meisten von uns haben mal da angefangen - und mit sehr ähnlichen Ansichten - wo du jetzt bist. WEnn ich an meine ersten Gedichte denke, werd ich fast rot vor lauter peinlich...und wenn ich mich noch erinnere, wie vehement ich meinen Standpunkt verteidigt habe und mir dachte, die verstehen das bloß nicht....ach du meine Güte. lol
Heute kann ich darüber sehr lachen. Von den Gedichten hat auch so gut wie keins überlebt als ich letztens mal meine Ordner am PC durchgekehrt habe. Warum wohl....

Zu deiner Überarbeitung des Gedichts sag ich bewusst nichts (sonst zerpflückt man das auch mal zu sehr und das ist meistens der Tod eines Gedichtes in seiner ursprünglichen schönen Idee) - ich find manches aber ganz gut. ABer manches fand ich auch von der ersten Version schön. Allerdings eben zu wenig eindeutig in den Wortbezügen, um es als lesbar zu empfinden. Aber das hab ich ja schon zur Genüge erklärt.


Lieber Gruß,
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"Du musst, wenn du unser Glück beschreiben willst,
ganz viele kleine Punkte machen wie Seurat.
Und dass es Glück war, wird man erst aus der Distanz sehen.”

― Peter Stamm, Agnes
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