Thema: Alte Schuld
Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 17.11.2015, 19:16   #15
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

Hi, Lai!

Wie versprochen hier nun Teil 2:

Aus Gier und Raffsucht wurde er zum Täter,
wie schon Jahrzehnte vor ihm seine Väter,
die andrer Leid zu eignem Nutzen schürten.
Sie gaben kärglich Geld für Ländereien,
denn Menschlichkeit ist satten Schächern fremd.
Sie pfändeten der Armen letztes Hemd,
der Skrupel ledig, Ehre zu entweihn.
Doch eines Tags erhob ein Greis die Stimme!
Auf taube Ohren traf das Bittgesuch -
sein Blut versickerte im Ackerrain.
Der Schütze war vertraut mit Korn und Kimme.
Er floh - doch traf ihn noch des Alten Fluch:
"Der Teufel hole dich und das, was dein...."
... ... ...

Ein Sturm kam auf und Hagelschauer schlugen
in reifes Korn, von reger Hand bestellt,
und ohne Ernte blieb so manches Feld,
zu welk die kargen Früchte, die sie trugen.
Die Dunkelheit verschlang den letzten Laut,
als sei sie eine Seiner grauen Boten,
von Ihm gesandt, die Tiefen auszuloten.
Noch eh der erste Eiskristall getaut,
war allen Unheils Samen ausgesät -
dem Wuchs zu wehren, war es bald zu spät.
Der schwarze Herrscher hatte nun das Sagen.

Ein Spinnenheer begann, Kokons zu weben,
befiel die Ährenfelder, Früchte, Reben
der Väter Land, von Söhnen stolz bebaut.
Die Erde bebte, Spiegel barsten laut,
das Glück der guten Jahre lag in Scherben.
Vertrauen schwand, die Lügen schlugen Kerben,
der Hass trank Herzblut, würgend aufgestaut.
Die Eifersucht kroch unter Kissen, Decken,
besetzte ungehindert alle Ecken,
spann Ränke, die sich flink zu Fallen schlossen.
Erinnerungen dunkelten den Raum,
verknüpften Fäden aus vergilbtem Traum
vom Gesternland, wo Milch und Honig flossen.

Von fern begleitete ein Glockenläuten
des fahlen Himmels schweres Wolkentreiben

der schwere Regen schlug an blinde Scheiben,
durch morsche Fensterrahmen blies der Wind.
In Fieberschüben wälzte sich ein Kind.
Sein Vater suchte Hilfe bei den Leuten,
verzweifelt bot er Habe, Geld und Gold,
beschwor die Götter, die ihm einstmals hold,
sie mochten Gnade ihm vor Recht gewähren,
er würde jeden Preis mit Freuden tragen!
doch ungehört verhallten seine Klagen.
Erinnerungen schwelen in der Glut.


Nicht für ALLES wurde ein Reim gefunden, aber so gibt es kaum offene Enden.
Andere Vorschläge betreffen die Flüssigkeit der Sprache oder die lyrische Qualität.

Gern gelesen und beklugfummelt!

Zu deiner Frage bezüglich der Scheunenzeile:
Ich finde diese Zeile nicht schlecht formuliert. Denkbar wäre "Scheuer" statt "Scheunen", ein älteres Wort dafür.

Den Rest ein andermal!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (17.11.2015 um 19:20 Uhr)
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten