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Alt 13.02.2009, 22:51   #1
Klatschmohn
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Standard Hundefreundinnen, ein Faschingskrimi

Hundefreundinnen, ein Faschingskrimi

von Klatschmohn
Mit Bildern von Dietmar Gerharz
(leider lassen sich die Bilder nicht angemessen groß aufladen)




Mit Dank an meine Nachbarin, mit der ich die ganze Geschichte zusammen auf unseren gemeinsamen Spaziergängen ausgesponnen habe.
Entsprechend entbehrt sie jeder realen Grundlage. Ähnlichkeiten mit Geschichten von Lebenden oder Verstorbenen sind rein zufällig.
Gewidmet sei diese Geschichte unseren beiden Hunden, die wir zu Protagonisten gemacht haben.


Herzlichen Dank an meinen Mann und Medusa.
im Februar 2007

Alle Rechte, auch auszugsweise, vorbehalten.










Faschingssamstag

Sie erreichte den Parkplatz des Hotels mit der einbrechenden Dunkelheit. "Glücklicherweise", dachte sie, denn Autofahrten in der Dunkelheit gehörte zu den Dingen, die ihr mit zunehmendem Alter immer schwerer fielen.
Sie öffnete die Autotüre mit einem Seufzer, wandte sich nach hinten zum Rücksitz, tätschelte dem Hund, der dort an seinem Sicherheitsgurt lag, erst den Kopf um den Gurt anschließend zu lösen. Gerade wollte sie anschließend die Leine am Halsband des Tieres befestigen, als dieses sich wand, dem Halsband entschlüpfte, blitzschnell aus dem Auto sprang und in den nahen Büschen verschwand.
Sie stieg, sich ihren Mantel überziehend, aus und wollte gerade ärgerlich nach dem Hund rufen, als urplötzlich eine dunkel Gestalt hinter ihr stand. Sie spürte den harten Griff einer Männerhand, die Arme wurden ihr auf dem Rücken gedreht, die Hände festgehalten. Ein Schmerz durchzuckte ihre Schulter und noch bevor sie schreien konnte legte sich eine lederbehandschuhte Hand auf ihren Mund.




Rosenmontag

Ein trüber Rosenmontag, der Himmel hatte sich in eine dicke Wolkenschicht gehüllt und die Sonne hatte viel Mühe ein wenig Helligkeit auf die Erde zu senden.
Es war feucht und kalt. Kein Vergleich zum gestrigen Tag. Da hatte die Sonne strahlend vom blauen Himmel geschienen und den Fastnachtszug in der kleinen Westerwaldstadt begleitet.
Tausende von Zuschauern hatten den Zug umsäumt, so dass die kleine Gruppe des gemischten Chores der Westerwaldstadt zu dem Schluss kam, einen Kindermangel könne es hier im Westerwald nicht geben. Überall an den Straßenrändern, die den Zug säumten, konnte man kleine und kleinste "Wäller" sehen, die in Begleitung ihrer Eltern dem Narrenzuge zujubelten.
Ein genauer Betrachter hätte allerdings erkennen können, dass manche Zuschauer nacheinander an mehreren Straßenecken zu sehen waren, um sich die mitgebrachten Taschen und Tüten gleich doppelt und dreifach zu füllen.
Zu früh waren die bis oben gefüllten Kästen und Taschen der Gruppe leider leer geworden und sie mussten sich gegen Ende des Zuges manch anzügliche Bemerkung gefallen lassen. Besonders ein Clübchen halbwüchsiger Jugendlicher hatte sie noch kurz vor Ende des Zuges zum Werfen der Süßigkeiten und kleinen Geschenke deutlich aufgefordert und kam sich mit einem bedauernden Nicken deutlich abgespeist vor.
Die Gruppe des Gesangvereines hatte sich dieses Jahr zur Einstimmung auf die bevorstehende Chorreise zum Gesangverein der Partnerstadt Laiqueglia in Italien, als Südlandtouristen und feurige Italiener verkleidet. Sie genossen den Trubel sichtlich und hatten bis zum Ende des Zuges schon etliche Flaschen Sekt geleert, als sie an der Gaststätte "Töpferstuben" angekommen waren.
Gerade scherten einige Teilnehmer, darunter eine Frau mittleren Alters aus dem fröhlichen und singenden Haufen der Sänger und Sängerinnen aus und eilten in die Wärme des Gasthauses zu der heißen Suppe, welche die Wirtsleute traditionsgemäß für die Zugteilnehmer bereitet hatten.

Ja, das war gestern. Heute wäre es zu kalt gewesen, und Hilde Braun, die Frau aus dem Zug, dachte mit Bedauern an die großen Umzüge in Düsseldorf, Köln und Mainz und natürlich auch im nahen Koblenz. Die hatten leider mit dem Wetter weniger Glück.
Ihre eigene Fastnachtslaune war aber bereits vergangen und mit etwas Kopfschmerzen, die von der gestrigen, teils hochprozentigen Getränken herrührten, zog sie ihre Winterstiefel und die dicke Jacke an, band ihrem Hund Mocke das Halsband um und ging über die Straße. Am Nachbarhaus angekommen, klingelte sie. Nach einer Weile öffnete die Nachbarin die Haustür und Hayo, der Hund der Nachbarin, stürmte auf Mocke zu. Hayo hatte ein pechschwarzes Fell und bernsteinfarbige Augen, die recht gefährlich aussehen konnten, wenn das Licht schräg in sie hineinfiel.
Er hatte genau wie Mocke eine Tierheimvergangenheit hinter sich gebracht und war jetzt froh ein sicheres Zuhause gefunden zu haben.
Beide Hunde waren daran gewöhnt, ihren Morgenspaziergang gemeinsam zu machen. Auch für die beiden Frauen war es eine willkommene Gelegenheit ein bisschen zu tratschen und den morgendlichen Pflichtgang, der Hunde wegen, unterhaltsamer zu gestalten.
Diesmal war das Dauerthema der gepflegte kleine Malteser, der alleine und zitternd im Wald aufgefunden worden war. Übergangsweise hatte er bei einer Mitarbeiterin des örtlichen Tierschutzvereines Unterschlupf gefunden und hielt dort die versammelte Katzengemeinde auf Trab.
Hajos Frauchen, Marie Gebhardt, hatte ihn samstagabends in der Dämmerung auf einem Waldweg entdeckt und das zitternde Kerlchen in Begleitung von Hayo und Mocke dort abgegeben. Mocke war an diesem Abend alleine, ohne sein Frauchen, mitgegangen. Er hatte sich gleich in das süße Kerlchen verliebt und war kaum noch von ihm zu trennen.
Man hatte dem Hund mittlerweile den Namen Nelly gegeben.
Der Weg der beiden Frauen und ihrer Hunde führte nun an Nellys neuem Zuhause, bei Frau Reichel, der Tierschützerin vorüber. Schwanzwedelnd und kläffend begrüßten die beiden Rüden nun die kleine Hündin, die sich bei Reichels offensichtlich sehr wohl fühlte. Sie sprang wie wild am Zaun entlang, bellte und gab keine Ruhe.
An diesem Morgen jedoch hatte sie ein Loch im Zaun entdeckt und sich hindurch gequetscht. Sie begrüßte die beiden Freunde stürmisch. Dann ging eine wilde Jagd los. Zu dritt preschten sie, sich einander umkreisend, tanzend, schwanzwedelnd, vor Freude bellend, in Richtung des angrenzenden Kurhotels. Sie überquerten eine Wiese und rannten an den Pferdeboxen, unter den verwunderten Blicken eines Schimmelwallachs vorbei, den kleinen Pfad entlang in Richtung Straße.
Die beiden Frauen liefen so schnell sie konnten hinterher. Leinenschwingend und rufend, aber selber lachend, konnten sie sich der Faszination der begeisternden Lebensfreude der drei Hunde nicht entziehen. Vermutlich nahm deshalb keiner der Hunde Notiz von den Frauen, nahmen sie nicht ernst.
Die beiden kamen aber gerade noch rechtzeitig um plötzlich zu erleben, dass die wilde Jagd ein abruptes Ende genommen hatte und die kleine Nelly in einem heftigen Schluchzen aufheulte. Die anderen beiden Hunde blieben ebenfalls wie erstarrt stehen und zu dritt stimmten sie ein heftiges Gebelle an. Hayo tief und durchdringend, die kleine Nelly in einem fast hysterischen Ton und Mocke kläffte aus Solidarität ähnlich hoch wie Nelly. Nelly war außer sich, sie kreischte und heulte.
Frau Gebhardt nahm sie auf den Arm. Die Kleine zitterte am ganzen Körper und hörte nicht auf zu wimmern und zu klagen. Dabei starrte sie auf das leerstehende Haus, welches jetzt der Stadt gehörte und in Kürze abgerissen werden sollte. Die Umgehungsstraße sollte nun doch gebaut werden, die das ganze Neubaugebiet belasten und der herrlichen Gegend eine klaffende Wunde zufügen würde.
"Wahrscheinlich Katzen", murmelte Frau Gebhardt ihrer Nachbarin zu, die sich ihrerseits bemühte, die beiden Hunde zum Schweigen zu bringen. Komisch fand sie das schon. Dieser abrupte Stimmungswechsel der drei Hunde war unglaublich. Pure Lebensfreude - dann der Umschwung auf Panik, wobei es so aussah, als hätten sich Mocke und Hayo lediglich von Nelly anstecken lassen.
Mittlerweile war Frau Reichel dazu gekommen. Sie übernahm Nelly tröstend. Nur mit Mühe konnte sie das zitternde Hündchen beruhigen; richtig ruhig wurde Nelly erst, als sie wieder im Haus von Frau Reichel war und sich auf dem Sofa ausgestreckt hatte. Schwer seufzend schlief sie von der Anstrengung ein.
Die beiden Frauen blieben zurück und betrachteten das verlassene Gelände. Beide Hunde hatten sich inzwischen beruhigt. Keine Katzen zu sehen. Irgend ein Wildtier?
Das weiße zweistöckige Haus mit seinen verriegelten grünen Fensterläden, stand in einem parkähnlich angelegten großen Garten. Hohe und dichte grüne Tannen, sowie ein alter Mammutbaum und verschiedene Eibensorten standen dort. Seitlich am Weg, den die Frauen nun verließen, wucherten dicke Efeustämme an Zaun und Bäumen. Man sah nur wenig von dem Wohnhaus, sowie dem kleinen angebauten Gartenhäuschen.
Seit die damalige Eigentümerin ausgezogen war, um ein neues Haus im Neubauviertel zu beziehen, verwilderte der einst sehr gepflegte Garten zusehends. Die Hecke aus Forsythien und Zierquitte, die im Frühling in Lachs und Gelb verschwenderisch blühte, war bereits über den Zaun hinausgewachsen.
Das kunstgeschmiedete Tor war verschlossen. Riesige Rhododendrenbüschen wuchsen über die Garageneinfahrt hinaus.
Beide Frauen schwiegen. Irgend etwas Unfassbares, Unklares schien in der Luft zu liegen. Etwas nicht Greifbares hatte von beiden Frauen Besitz ergriffen. Schweigend gingen sie weiter, jede ihren eigenen Gedanken nachhängend.
Ein offensichtlich gepflegter Hund, ein kleiner dazu, lieb und vertrauensvoll, alleine im Wald. Keiner hatte das Tier vermisst gemeldet. Niemand kannte es, keiner hatte es vorher gesehen.
Es war sogar gechipt. Ein spanischer Chip, mit dem der Tierarzt nicht viel anfangen konnte, denn die Nummer war nicht angemeldet worden. Dazu das unerhörte Verhalten des Hundes und seine tiefe Erschütterung. All das schien keinen Sinn zu ergeben.
Es war rätselhaft. Beide Frauen waren so sehr in ihren Gedanken versunken, dass sie dem schwarzen Offroad Mercedes mit den abgedunkelten Scheiben erst Aufmerksamkeit schenkten, als er scharf an ihnen vorbei fuhr. Er war aus der, vom Ort hinauf zum Hotel führenden Straße gekommen und bog auf den jetzt vom Wellnesshotel mitgenutzten Firmenparkplatz eines ortsansässigen Betriebes ab.
"So ein Verkehrsraudi", schimpfte Hilde Braun und zog Mocke an der Leine zu sich. Beide Frauen blickten dem Wagen nach, der den Parkplatz hinauffuhr und neben einem silbernen Lexus mit Düsseldorfer Kennzeichen zu stehen kam.
"Manchmal kommen hier schon seltsame Leute an" murmelte Hilde Braun. Sie erzählte ihrer Nachbarin von dem Pärchen, das vor einiger Zeit hier im Hotel auf großem Fuß gelebt und unten im exquisiten Wäschegeschäft erst einkauften, mit falscher ECKarte zahlten, schließlich noch in der kommenden Nacht dort einbrachen und die wertvollsten Wäschestücke entwendeten. Anschließend hatten sie, die Zeche prellend, das Hotel heimlich verlassen.
"Ja, das waren Kriminelle! Überhaupt, es hat sich vieles verändert." Die Nachbarin überlegte: "Die Leute wissen einfach nicht mehr, was sich gehört. Sie sind rücksichtsloser geworden. Dieser Fahrer eben, man sollte so einem den Führerschein abnehmen. Wenn die Hunde jetzt vorgelaufen wären, dann hätte er sie überfahren." "Oder uns beinahe", murmelte Hilde Braun. "Im Hotel zum Beispiel," fuhr Marie Gebhardt fort, "früher hat man ordentlich abgesagt, wenn man nicht kommt. Letzte Woche, da hatte jemand für 14 Tage eine Wellnesskur gebucht und ist dann einfach nicht angereist, nicht mal abgesagt haben die, geschweige denn, dass sie sich entschuldigt hätten. Vom Hotel aus wurde natürlich nachgefragt, aber da war niemand." "Na ja, vielleicht ist derjenige gestorben, da braucht er keine Wellness mehr", lachte Mockes Frauchen.
"Vielleicht, das hätte aber in der Zeitung gestanden, soll irgend so eine reiche Witwe von einem Industrieboss gewesen sein. Das hätten die im Hotel gewusst."
"So einen richtigen Verwöhnurlaub würde ich auch gerne mal machen, an nichts denken und sich nur verhätscheln lassen. Das wäre mal echt was Feines." "Würde ich auch gerne. Es gibt sogar Wellness mit Hunden. Das würde ich toll finden. Ich werde massiert und der Hund auch, schwimmen gehen und ein Bewegungsbad für Frauchen und Hund. So richtig mal etwas für die Gesundheit tun." "OK, ich komme mit, das gefällt mir", antwortete Hilde Braun. Marie lächelte, "aber das wird wohl nichts, ist zu teuer."
Inzwischen waren sie am Haus angekommen in dem Hilde Braun mit Mann und Hund lebt. "Tschüß, bis später!" "Ja, bis dann", verabschiedeten sich beide Frauen voneinander.

Als Hilde die Haustüre aufschloss, hörte sie ihren Mann in der Küche hantieren. Heute hatte er Küchendienst. Da gab es natürlich Fleisch. Hilde hatte eigentlich beschlossen ganz auf Fleisch zu verzichten, immer musste sie an die Angst der armen Tiere und an die brutalen Schlachtmethoden denken. Manchmal aber musste es eben doch sein. Nachdem der Arzt bei ihnen beiden Eisenmangel festgestellt hatte, gab es hin und wieder Fleisch. Es roch verführerisch in der Küche. Hildes Mann hatte verschiedene orientalische Gewürze zerkleinert und angebraten. Er war ganz vertieft in seine Arbeit.
Mocke lief auf sein Herrchen zu und verlangte stürmisch nach seiner "Belohnung". Das hatten die beiden sich so angewöhnt. Es war immer der gleiche Ritus. Hans fragte dann, zu Mocke gewandt: "Warst Du denn auch brav und hast Dein Frauchen nicht geärgert?" Dann gab Mocke Antwort, indem er zustimmend bellte, worauf er eine Kaustange oder ein sonstiges besonderes Hundeleckerchen bekam.
Mocke war schon fast 10 Jahre alt. Seit drei Jahren lebte er bei Brauns. Davor war er ein halbes Jahr im Tierheim als Pensionsgast gewesen. Die Besitzer konnten sich erst nicht entschließen ihn freizugeben, halten konnten sie ihn auch nicht mehr. Es hatte lange gedauert, bis Mocke wieder Vertrauen gefasst hatte. Er scheute anfangs, wenn man mit der Hand in die Nähe seines Kopfes kam. Das war jetzt zum Glück vorbei.
Mocke hat es gut getroffen bei seiner neuen Familie. Anfangs hatte er sich sehr zurückgehalten, bellte nicht und bekam die Augen kaum auf. Er gab sich die größte Mühe brav zu sein; alles was ihm angeboten wurde, hatte er gegessen. Abends ging er Punkt acht Uhr schlafen und rührte sich nicht mehr, bis zum nächsten Morgen. Nun war er schon recht wählerisch geworden und hatte sich eine ganze Menge Freiheiten erobert. Als erster Hund hatte er es bei Brauns geschafft, sich seinen ständigen Platz auf dem Sofa zu erobern. Ansonsten war er ein sehr freundlicher und lustiger Hund, der nichts Schöneres kannte, als Fußball zu spielen. Das war seine Hauptleidenschaft. Immer fand er unterwegs irgendeinen Ball, oder im Herbst die herunter gefallenen Äpfel auf der Streuobstwiese, die er Herrchen oder Frauchen vor die Füße legte um sie zum Spielen aufzufordern.
Jetzt legte er sich auf seinen Lieblingsplatz, natürlich auf dem Sofa, streckte sich lang aus und träumte wohl von den Leckereien die Herrchen in der Küche zubereitete.

Auch Frau Gebhardt war nach Hause gekommen. Sie wohnte alleine mit Hajo zusammen, ihrem großen schwarzen Australien Shepherd. Hajo hatte einen ausgeprägten Beschützerinstinkt, den er ausdrücklich zeigte, sobald jemand an seinem Grundstück vorbeiging.
Seinen Namen Hayo verdankte er seinen bernsteinfarbenen Augen, denn eigentlich hieß er Hantayo. Das bedeutete bei einem Indianerstamm: Hund mit den Geisteraugen. Diese Augen taten ein Übriges um ungebetene Besucher fernzuhalten. Auch Hayo war ein Hund aus dem Tierheim. Auch er hatte das große Los gezogen, als er bei Frau Gebhardt einziehen durfte.
Mittlerweile sammelte sie Preise mit ihm ein, denn er hatte eine Menge Gehorsamsprüfungen bestanden; die Glasvitrine quoll beinahe über von gewonnenen Pokalen.
Während Marie Gebhardt für sich und Hayo das Essen zubereitete, ging es ihr ähnlich, wie der Nachbarin. Beide Frauen kamen innerlich nicht von dem Vorfall am Morgen los und in Gedanken versuchten sie, sich einen Reim auf die Geschehnisse zu machen.

Am Nachmittag saß Hilde Braun an ihrem PC und schrieb an einer Abhandlung über Generationenkonflikte, die sie in einer kleinen Fachzeitschrift veröffentlichen wollte, als ihre Freundin Gaby, die sie aus dem Gesangverein kannte, gegen 16 Uhr anrief um über den gestrigen Fastnachtszug und den anschließenden Umzug durch die Kneipen zu reden.
Da Hilde nach dem üppigen Mittagsmahl noch den Wunsch hatte sich ein bisschen Bewegung zu verschaffen, vereinbarten beide einen kleinen Spaziergang zu unternehmen.
Es wurde schon dämmrig, als sie schließlich an dem Parkplatz des Hotels um die Ecke bogen. Beinahe wären sie mit einem Mann im Overall zusammengestoßen, der wie aus dem Nichts plötzlich aufgetaucht war. Die schwarz-rot-goldenen Kappe, die er auf dem Kopf trug, erinnerte sie deutlich an den Raser vom Vormittag. Trotz des noch immer trüben Wetters hatte er eine Sonnenbrille auf. Sein Gesicht war nicht zu erkennen, da der dichte Bart alles verhüllte. Er wich aus und murmelte etwas, dass sich wie eine Entschuldigung anhörte.
"Das war er doch!" In Hilde keimte der Zorn vom Morgen auf, doch bevor sie etwas sagen konnte, war der Mann verschwunden.
Auf dem Parkplatz stand immer noch der schwarze Mercedes neben dem silbernen Lexus. Neugierig geworden blickte sie in den schwarzen Wagen mit Frankfurter Kennzeichen hinein, konnte aber nichts Besonders erkennen. Lediglich ein Zigarettenpäckchen, sowie eine Parkscheibe auf der Ablage, auf dem Sitz lag ein Schlafsack und eine braune Papiertüte.
Der silberne Lexus SC430 neben dem Mercedes weckte ein wenig ihren Neid, gerne hätte sie in dem schlanken Sportwagen Platz genommen um eine Runde zu drehen. Ein schickes Auto ist das, dachte sie.
Sie spähte in den Wagen hinein, so gut es die fortgeschrittene Dunkelheit zuließ. Auf dem Rücksitz entdeckte sie ein kleines Hundehalsband, silberfarben mit Strasssteinen geschmückt, die ein wenig durch das hereinfallende Licht der nahen Laterne zu funkeln begannen. Daran hing noch die Hundeleine, ebenso elegant wie das Halsband.
Klein genug, dachte sie, klein genug. Es könnte Nelly passen.

In der Nacht träumte sie. Sie träumte von Nelly, die plötzlich ganz riesig war, das Strasshalsband tragend, mit wilder Wucht gegen den Zaun des leerstehenden Hauses anrannte, so dass dieser ein Riesenloch bekam. Schweißgebadet wachte Hilde auf.




Fortsetzung folgt.

Geändert von Klatschmohn (27.04.2009 um 09:30 Uhr)
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