Thema: Lapislazuli
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Alt 26.12.2018, 22:41   #6
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi Thomas!

Alles eine Frage dessen, welchen Anspruch man an den Begriff und das Gebiet der Dichtkunst stellt.

Da ich ja selbst so begonnen und jahrelang selbst so geschrieben habe, steht es mir schlecht an, über die holpernden Ergüsse mancher Hobbyliteraten herzuziehen, die mir heute, nach mühevollem Erwerb des nötigen Wissens, die Grausbirnen wachsen lassen!
Und dabei rede ich noch nicht einmal von den mir unerträglichen Auswüchsen der sog. "modernen" Lyrik!

Nach ebendieser modernen Begriffsdefinition kann "Lyrik" heutzutage so gut wie fast alles sein, was irgendjemand unter dieser Bezeichnung absondert - er muss es nur so nennen.
Und das stört mich, weil auch so viele Reimdichter genau dies für die aggressive Rechtfertigung ihrer sprachlichen Mittelmäßigkeit heranziehen, anstatt Lernbereitschaft zu zeigen, oder gar Dankbarkeit dafür, dass man sie auf eindeutige Fehler aufmerksam macht.
Im Gegenteil, man wird oft genug sogar dafür angegriffen, so als hätte man mit tödlichen Beleidigungen um sich geworfen! Unerträglich, zusammen mit der arroganten Weigerung, dazu eine andere Perspektive als die eigene anzuerkennen, und dies patzig mit der "Freiheit der Kunst" salonfähig zu machen.
Das ist so, weil es für so viele nicht um die Dichtkunst an sich geht, sondern nur um die Möglichkeit, mittels dieser "Kunst" das eigene Ego zu zelebrieren und sich ein aufgeblasenes Selbstwertgefühl zuzulegen. Dabei ist konstruktive Kritik - oder solche in jeglicher sonstigen Form - natürlich unerwünscht, weil sie am erstrebten Nimbus kratzen könnte ...
Ich wage nicht zu mutmaßen, wie hoch der Prozentsatz der hier beschriebenen "Poeten" in einem beliebigen Forum durchschnittlich sein mag (oder wer sich nur allzu gern damit angesprochen fühlen will, um einen Anlass zum Stänkern haben zu können), aber ich sehe die allgemeine Problematik als Lehrer: Schon ein bis drei "faule Eier" genügen, um eine ganze Schulklasse zu verderben und den Kontakt mit ihr mühselig bis unerträglich werden zu lassen!

Vielleicht werde ich irgendwann beginnen, meine frühen Werke einzustellen, wenn meine "Inspirationspause" allzu lang anhält - aber das erscheint mir eigentlich irgendwie wie Schummeln, oder wie eine eindeutige Bankrotterklärung meiner aktuellen Kreativität.

Daneben spiele ich auch weiterhin mit dem Gedanken, das Dichten ganz aufzugeben, einerseits der mangelnden Lust daran und des öfter vorkommenden sich Wiederholens in Themen und Phrasierungen wegen, andererseits aufgrund des immer marginaler werdenden Interesses an meinen Werken in diesem Forum (dessen rühmliche Ausnahme du darstellst), sei es "forenpolitisch" motiviert von jenen, die hier neuerdings den Ton angeben wollen - oder nicht.
Ich absentiere mich aber nicht aus "Rache" für irgendetwas - so kleinlich bin ich nicht.


LG, eKy
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