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Alt 05.01.2013, 12:26   #1
Thomas
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Standard Definition: Lyrik

Definition: Lyrik

Das Gebiet der Poesie wird (im Deutschen seit der Weimarer Klassik) in die drei Gattungen Epos, Drama und Lyrik unterteilt. Während Epos und Drama relativ fest umrissen sind, ist der Begriff der Lyrik relativ unscharf geblieben, weshalb bisweilen Texte, wenn sei nur kurz sind und nicht als Epos oder Drama gelten, der Lyrik zugeordnet werden und dadurch diese Begriff immer mehr ausweiten. Eine positive Definition der Lyrik scheint deswegen nötig, auch wenn diese Definition einige Texte, die heute der Lyrik zugeschrieben sind, dadurch nicht erfasst werden. Ich will nun eine möglichst kurze Definition versuchen und zur Diskussion stellen.

Lyrisch ist ein Text, wenn es ein komponierter Text ist, der sich durch Auswahl und Wiederholung von Sprachelementen von Prosa unterscheidet und singbaren Charakter hat.

"Komponiert" bedeutet, dass der Text mindestens eine nicht mechanisch konstruierbare Veränderung aufweist, durch welche es zu einem in sich geschlossenen Ganzen wird, mit einem notwendig aus sich selbst heraus begründete Ende. Die Komposition basiert auf einer vom Poeten initiierten Anregung der Einbildungskraft, wodurch beim Hörer eine Folge poetischer Bilder und Gestalten erweckt werden. Der dazu notwendige schöpferische Akt ist nicht zu mechanisieren und kann nicht von Computern geleistet

"Auswahl und Wiederholung von Sprachelementen" bezieht sich z.B. auf Reim, Metrum, Worte, Pausen, Phrasierung. Diese Elemente müssen nicht alle vorhanden sein, es kann z.B. der Reim fehlen oder das Metrum wechseln. Alle diese Sprachelemente kommen auch in der Prosa vor, sie machen den Text nur durch die besondere „Auswahl und Wiederholung“ zu einem lyrische Gedicht.

"Singbarer Charakter" bedeutet, dass der Text beim Hören eine prosodische Qualität aufweist, die sich von Prosa unterscheidet. Der Text muss deshalb nicht wirklich gesungen werden, oder als Lied vertont werden können. Umbrochen geschrieben Texte, die beim Lesen wie Prosa klingen und keinen singbaren Charakter haben sind also kein Teil der lyrischen Gattung.




ALTE VERSION

Lyrisch (oder allgemeiner poetisch und nicht prosaisch) ist ein komponierter Text, der sich durch Auswahl und Wiederholung von Sprachelementen, bei möglichst geringer Redundanz, von Prosa unterscheidet, und singbaren Charakter hat.

"Komponiert" bedeutet, dass der Text mindestens eine nicht mechanisch konstruierbare Veränderung aufweist, durch welche es zu einem in sich geschlossenen Ganzen wird, welche ein notwendiges Ende hat - siehe z.B. den Unterschied zwischen Canon und Fuge, wobei die Veränderung bei Texten auch rein semantischer Natur sein kann. Diese Anforderung muss jeder künstlerische Text, ob Prosa oder Poesie, erfüllen. Das Kriterium schließt z.B. Computertexte aus.

"Auswahl und Wiederholung von Sprachelementen" bezieht sich z.B. auf Reim, Metrum, Worte, Pausen, Phrasierung. Diese Elemente müssen nicht alle vorhanden sein, es kann z.B. der Reim fehlen oder das Metrum wechseln. Alle diese Sprachelemente, die auch in der Prosa Anwendung finden, erzeugen nur durch die besondere „Auswahl und Wiederholung“ das lyrische Gedicht.

"Möglichst geringe Redundanz" lässt sich nicht schärfer formulieren, da alle Sprache inhärent Redundanzen aufweist. Die Forderung „möglichst gering“ soll Texte, die z.B. X mal „My Baby Baby balla balla.“ wiederholen, von der Kategorie lyrischer Texte ausschließen.

"Singbarer Charakter" bedeutet nicht, dass der Text gesungen werden kann, sondern beim Hören eine prosodische Qualität aufweise, die sich von Prosa unterscheidet. Dadurch schließe ich z.B. umbrochen geschrieben Texte, die beim Lesen wie Prosa klingen, aus der Gattung Lyrik aus. Aber eben nur solche, die nicht "singbaren Charakter" haben.

Geändert von Thomas (27.01.2013 um 16:05 Uhr)
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