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Alt 10.09.2011, 08:07   #14
Stimme der Zeit
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Hi, Faldi,

ich komme noch auf die letzte Zeile zurück, beginne aber am Anfang deines Kommentars:

Zitat:
Wenn ich mich so an meine Kindheit zurück erinnere, das war schon ganz anders damals.
Als kleines Kind habe ich fröhlich im Sandkasten und mit den Bauklötzen gespielt.
Später konnte ich mich stundenlang mit meinen Legosteinen und einer Katapult-Autobahn beschäftigen.
Ich habe mir fantastische Dinge zusammen gebaut, da war wirklich Kreativität gefragt.
Das ist mit den heutigen Spielzeugen tatsächlich so. Ich kann mich ebenfalls an meine Kindheit gut erinnern. Der Ort, in dem ich lebte, ist heute ein "Stadtrandgebiet", war damals aber noch ein "Dorf". In diesem Sinne spielte ich die meiste Zeit über "draußen". Ein biegsamer Ast, eine Schnur und ein halbwegs gerader Ast - fertig waren Pfeil und Bogen. Eine alte Wolldecke wurde zum Zelt, Blätter und Steine zu "Essen". Wir spielten Indianer und Cowboy, Räuber und Gendarm, Schiffbrüchige auf hoher See; wir spielten Fußball, klickerten um die Wette mit Murmeln, striegelten Pferde und halfen beim Füttern und Ausmisten in den beiden vorhandenen Kuhställen. Ach ja, Kreativität: Damals benötigten wir überhaupt kein vorgefertigtes Spielzeug, in unserer Fantasie wurde alles zu allem, was wir es sein lassen wollten. (Natürlich besaß auch ich einen Lego-Baukasten). Im Winter und bei schlechtem Wetter habe ich viel gemalt und gelesen. Und, ähem, mit Puppen spielte ich eigentlich selten ...

Zitat:
Heute gibt es psychologisch geprüfte und pädagogisch wertvolle Spielmaterialien, die hervorragend dazu geeignet sind, die Kinder vom Spielen abzuhalten, weil es sie wirklich nicht mehr interessiert und wenn, dann nur kurz.
Nach einer Stunde liegt es achtlos in einer Ecke. Dann fragen die Kinder die Erwachsenen: "Was soll ich spielen?" oder "Darf ich fernsehen?" Die meisten Kinder haben heutzutage nie gelernt, ihre Fantasie zu nutzen. Sie wollen ständige "Animation", vorgekaut und "gebrauchsfertig". Wenn sie älter werden, nehmen Fernseher und Computerspiele ihren "Platz" ein.

Zitat:
Einheitsbrei, genau so, wie es in China praktiziert wird, das wirkt auch irgendwie so langweilig und einheitlich.
China nimmt hier in mehrfacher Hinsicht und in voller Absicht, nicht nur als Beispiel, seinen "Platz" ein. Zunächst: Das meiste Spielzeug kommt von dort, ebenso Bekleidung und Schuhe. Mittlerweile die meisten elektronischen Bauteile ebenfalls, und es wird mehr. Die Welt wird immer abhängiger von chinesischen Produkten, was sich noch als fatal herausstellen wird, sollte diese Entwicklung nicht gestoppt werden. Aber das ist hier nicht Thema.

Zitat:
Das kann man wirklich als gedankenlose Konzeption verstehen, was ich von diesem Sonett allerdings nicht behaupten kann, weil es einem roten Faden folgt und dieser sich stringent durch das ganze Gedicht zieht.
Es ist eine gedankenlose Konzeption. Danke, dass du den roten Faden erkannt hast.

Zitat:
Allerdings will sich mir jetzt die letzte Zeile nicht wirklich erschließen, denn was hat jetzt Europa als Selbstbedienungstresen an dieser Stelle verloren?
Was denkst du, aus welchem "Grundmaterial" Spielzeug in China (und ein guter Teil der Bekleidung ebenfalls) hergestellt wird? China kauft, vor allem in Deutschland, aber auch massenhaft in anderen Ländern Europas hauptsächlich Plastikflaschen (aber auch jede andere Art Kunststoffmüll) auf. Diese werden geschreddert, eingeschmolzen und zu Granulat. Aus diesem Granulat werden Spielzeug und Plastikmöbel hergestellt. Und, mittels spezieller Maschinen, Pullover, Jacken und andere Kleidungsstücke aus synthethischen Fasern, kurz: Fleece.

Besitzt zu zufällig einen Fleece-Pullover? Dann trägst du, bei mittlerer Statur, ca. 25 in China zu Fleecegarn recycelte alte 1 1/2-Liter-Getränkeflaschen am Leib ...

China erwirbt diese Flaschen nach dem "Für'n Appel und 'n Ei"-Prinzip in unglaublichen Mengen, unterbezahlt die in den Fabriken beschäftigten Leute und kann dadurch trotz (für uns so wirkend!) "Billigpreisen" eine bis zu 200%ige, also ganz enorme "Gewinnspanne" einfahren. (Nehmen wir dazu noch, nebenbei festgestellt, die Tatsache, dass immer wieder Giftstoffe in Spielzeugen und Kleidungsstücken entdeckt werden und die Tatsache, dass die Arbeiter in China in Fabriken aufgrund der extremen Luftverschmutzung Atemschutzmasken tragen müssen.)

Ich musste China nehmen, und ich behaupte, dass wir hier in Europa ein "Selbstbedienungstresen" sind! China bedient sich fast "für Usus" bei uns, dort wird eine wahre Unmenge Geld mit unserem Müll gemacht, und wir sind froh, dass wir ihn "los sind". In den allerseltensten Fällen wird hinterfragt oder überhaupt darüber nachgedacht ...

Zitat:
Ich meine, diese Aussage ist zwar richtig, aber ich verstehe jetzt den Zusammenhang nicht, weshalb ich darum bitte, mir diesen Gedankensprung näher zu erläutern, denn so bleibt mein Urteil über dieses Text zwiegespalten und vorläufig.
Ich hoffe, ich konnte dir diesen "Gedankensprung" erklären, der eigentlich gar keiner ist. Das steht mit China in direktem, unmittelbaren Zusammenhang. Ehrlich gesagt, ich ging davon aus, dass diese Zusammenhänge allgemein bekannter wären, was offenbar leider nicht der Fall ist.

Zitat:
Fazit:

Das erste Sonett war bisher das Beste, diese Qualität erreichen die beiden nachfolgenden noch nicht wieder.
Wer auf Platz zwei und drei meiner Wertung landet, hängt von meiner obigen Frage ab. Solange ist Nr. 2 auch mein Favorit für den zweiten Platz.

Ich stelle jetzt am Ende immer einen Vergleich an und ordne die Sonette in eine persönliche Lieblingsskala an.

Vorläufige Wertung also:

Platz 1 Retrospektive Aktualität
Platz 2 Kühles Kalkül
Platz 3 Gedankenlose Konzeption
Dein "Fazit" entspricht meinem eigenen, aber vielleicht ist Nr. 3 jetzt inhaltlich klarer, was nicht heißt, dass es "besser" wird; es geht mir lediglich um die Thematik, die sich in all meinen Sonetten um "Mensch und Welt" dreht.

Zitat:
Auch muss ich Odiumediae bezüglich der Titel recht geben. Sie sind originell, aktuell und wissen zu gefallen.
Das freut mich immer, wenn Titel Gefallen finden, hier sogar ganz besonders, denn generell habe ich "Titelprobleme". Er kommt immer erst an letzter Stelle und kann manchmal mehr Zeit von mir "fordern" als das Verfassen des Gedichts an sich.

Danke für deinen interessierten Kommentar, denn du "gehst" wirklich in Gedichte "hinein", was mich einen Kommentar von dir besonders schätzen lässt.

Liebe Grüße

Stimme
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Geändert von Stimme der Zeit (10.09.2011 um 08:15 Uhr) Grund: Eine kleine Korrektur.
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