Thema: Hybris
Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 20.08.2014, 11:06   #17
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

Hi, liebe Leute!

Weil das Detail vielleicht ein wenig untergegangen ist in den letzten Kommis: Das Gedicht beschreibt ironisch in quasi ZWEI Ebenen einen Inhalt:
Auf Ebene 1 beschwert sich ein Dichter lautstark über all den "Müll" in den Foren und die offensichtliche Hybris jener Untalentierten, dass sie es wagen, sich hier umzutun. Damit spricht er vielen sicher aus der Seele.
Die Metaebene zeigt die Hybris dieses Poeten, mit der er darüber richten zu dürfen glaubt, was Lyrik zu sein hat und was nicht. Aber auch das erscheint irgendwie verständlich, bedenkt man die Ergüsse von Schreibtätern, die offenbar nicht einmal einer korrekt formulierten Sprache mächtig sind, geschweigedenn der Rechtschreibung und richtigen Zeichensetzung!

Beide Ebenen greifen eng ineinander, die Übergänge sind fließend - wie eben bei der "Bewertung" von Texten auch.
Man kann alle Themen "stockehrlich" aus der eigenen Sicht heraus kommentieren - dann wird man nicht allzu beliebt sein in den Foren!
Das andere Extrem: Es allen recht machen wollen und immer lobend schreiben, ist auch keine Lösung: Man kommt verlogen rüber, selbst wenn man aus psychologischer Sicht nur freundlich sein und "positiv verstärken" wollte.
Man muss eben von Fall zu Fall entscheiden, wie man sich stellt. Wie gesagt, ich schweige mich zumeist aus, wenn mir etwas nicht behagt, aber das geht eben auch nicht immer: In Fällen extremer Ablehnung MUSS ich meinem Ärger auch mal Luft machen dürfen, sonst platzt mir der Hals!

Mir geht es in punkto Lyrik ähnlich wie Faldi: Strukturprosa ist mir ein rotes Tuch, besonders das sinnfrei aus dem Unterbewussten Abgetropfte bringt mich in Rage! Wenn es dann noch voller semantischer Fehler ist, voller Schlampereien und überkandidelter optischer Effekte, ist der Greuel perfekt!

Von Haikus halte ich ebenso wenig: Das mag im Japanischen funtionieren oder auch nicht - im Deutschen ist mir dieser Telegrammstil mit Silbendiktat ein Graus!

Das Allerschlimmste für mich ist aber, wenn ich feststellen muss, dass der "Dichter" nicht mal einen richtigen Satz formulieren kann! Korrekter Satzbau ist mein Liebstes - wenn jemand den aus offensichtlichem Unvermögen vergewaltigt, sehe ich rot!

Am lustigsten wird es, wenn ich mir mal Mühe gebe und so ein Gedicht korrigiere, und der Angesprochene dann stur auf seinen Fehlern beharrt, weil er "ganz genau wüsste, dass das so geht" oder weil er sich auf die vielgeprügelte "künstlerische Freiheit" beruft und sie so zu einem Totschlaginstrument im Interesse seiner Unfähigkeit herabwürdigt. Da hört sich für mich der Spaß auf!

Aber wie fee so richtig sagte: Für die Gunst derer, die unserem Stil gewogen sind, müssen wir das, was uns ärgert, in Kauf nehmen. Dafür, dass wir gelesen und kommentiert werden, ist ein Preis zu bezahlen. Und dazu gehört eben auch, dass wir uns wie soziale Wesen benehmen und höflich bleiben, auch wenn uns die Galle hochkommt, oder dass wir eben zu vielem schweigen, wenn das, was wir sagen würden, anderer Gefühle verletzt.
Aber über einen Text zu lügen, nur um guten Wind zu machen - das könnte ich nicht! Wenn ich ihn schon bearbeite, dann mit Pro UND Kontra! Das beinhaltet aber auch, dass man eben ab und zu mal Gedichte kommentiert, für die man NUR Pro oder NUR Kontra findet!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (20.08.2014 um 11:10 Uhr)
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten