Thema: Adventelegie
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Alt 06.12.2015, 22:18   #14
wolo von thurland
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Hallo charis
Ich denke auch, dass Goethe in diesem Gedicht nicht wirklich eine glückliche Hand hatte, wenn er gleich die erste Zeile mit Einsilbern und Inversion so belastete.
Allerdings gilt es zwei Dinge zu beachten:
- Die Zeit und die Umgebung, in der er das schrieb, war es gewohnt, dass schöngeistige Männer sich in die Brust warfen und Hexameter krähten. Und artistische Inversionspurzelbäume waren damals schon einem gewissen Publikum Zeichen von Bildung, vielleicht konnte man den höheren Töchtern mit so was imponieren, wer weiss... (der Geheimrat selbst hat dieses Stilmittel nicht stark gesucht, im Gegensatz zu einigen seiner Zeitgenossen.) Vielleicht haben diese Purzelbäume die Lateinschüler entschädigt für die Qualen, welche sie beim Übersetzen von (inversiven) lateinischen Hexametern litten...
- Goethes erste Zeile ist, obwohl fragwürdig, tatsächlich ein Hexameter nach den "Regeln der Kunst". Die Bedeutung, der Einbezug des Standpunktes des LD lassen eigentlich keine andere Satzmelodie zu als die mit Betonung des "mir". Damit läuft bezüglich Versmaß auch ohne Rücksicht auf Goethes Publikum alles paletti.
Deine verschiedenen Versionen für eine erste Zeile halten die Regeln nicht ein und sind nicht fürs gleiche Publikum geschrieben wie jener Goethesche Vers. Das macht einen kleinen Unterschied zwischen euch beiden.
Aber... (s.o.)

edit:
In G.s erwähntem Gedicht steht auch folgende Zeile:
Hero erblickte Leandern am lauten Fest, und behende
Die ist nun auch nicht gerade super. Und ich würde sie als weiteren Beleg dafür sehen, dass es dem Dichter mehr darum ging, eine Dame rumzukriegen, vor ihr zu gockeln, als unanfechtbare Hexameter zu schreiben.
Gruss
wolo

Geändert von wolo von thurland (06.12.2015 um 22:23 Uhr)
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