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Alt 14.07.2015, 21:39   #5
Stachel
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Hallo Dana,

mir hat das Gedicht sehr gut gefallen. Du beschreibst ein Wechselbad der Gefühle, so verstehe ich es zumindest. Es kommen ungebeten einige Gefühle vorbei und beeinflussen sich gegenseitig.
Da das Werk den Titel "Wiegenlied" trägt, könnte das Gefühlskarussell mit einer Geburt zu tun haben, aber das bleibt letztlich offen.
In der vierten Strophe weichen die Gefühle dann einem alptraumhaften Schlaf.

Die Wortwahl von S2 deutet auf ein immer wiederkehrendes Muster hin ("Angst ... trat stets ... hat sich immer neben Trost gesetzt"), während alle anderen Strophen eher eine einmalige Ausrichtung haben ("eine Feier", S1; "verstummte neben Neugiers scharfen Blicken", S2; "dann kam der Schlaf", S4). Ist dieser kleine Bruch intendiert?

Zur Form:
Du nutzt vier Strophen mit je vier Versen. Beides ist gerade, ebenmäßig. Der Rhythmus ist überwiegend jambisch mit fünf Hebungen. Für Abwechslung sorgst du mit Kreuzreim und abwechselnd betonten und unbetonten Versenden (auch hier wieder Ebenmäßigkeit).

Gelegentlich brichst du den Jambus am Versanfang durch Synkopen auf und ziehst die Hebung vor, z.B. V1, V4, V11
Die Ebenmäßigkeit wird dabei gestört, so wie auch inhaltlich die Gefühle Störungen entfalten. Beides passt gut zusammen.

Den beiden Vorschreibern möchte ich gerne argumentativ entgegentreten:
Zitat:
Zitat von Faldi
Egal in welchem Fall, es ist und bleibt "Neugier", auch im Genitiv.
Die Neugier ist hier, wie alle Gefühle, personifiziert. Daher ist die vorliegende Form absolut korrekt. Es wird in Anlehnung an einen Namen ein Genitiv-s angehängt.

Anmerkung: Das wurde während der Erstellung dieses Posts von Eky bereits ebenso beschrieben. Ich halte es auch keinesfalls für grenzwertig. Für mich passt es ohne Kneifen ins Bild.

Zitat:
Zitat von Eky
S3Z3 - hängt mir inhaltlich in der Luft. Bezieht sich das "was aber" auf das Verstummen der Schuld, oder beginnt hier eine neue Sineinheit? Wenn letzteres - wo ist dann der abschließende Satzteil? ("was aber..., das wird, muss, sollte usw. ...")
Ich verstehe den Satz so, dass "Klatsch" entweder den Blick von "Neugier" oder aber die Beladung von "Schuld" oder sogar beides erfasst und das Gesehene weitertratscht, wodurch alle Hoffnung (hier keine Person) im Keim erstickt wird. Möglicherweise gemeint ist die Hoffnung darauf, unbeschadet zu bleiben. Hier eröffnet sich einer der Interpretationsräume für den Leser. Das ist okay, denn die Gefühle bewertet auch jeder anders. Jedenfalls sehe ich keinen Fehler im Kontext.

Fazit:
Das Gedicht hat den richtigen Platz gefunden. Nach diffusen Gefühlen siegen Alpträume. Es ist kein Ausweg, keine Hoffnung auf Besserung in Sicht. Etwas unklar bleibt dabei, ob es sich um eine immer wiederkehrende Begebenheit handelt, aber S2 weist zumindest in die Richtung. Das Spiel mit der Personifizierung von Gefühlen ist gut gelungen. Nur den Bezug zum Titel konnte ich noch nicht gänzlich klären. Schlaf allein wäre vielleicht etwas wenig.

Ein sehr schönes Gedicht.

Freundliche Grüße vom
Stachel

Geändert von Stachel (14.07.2015 um 21:41 Uhr)
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