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Alt 11.05.2011, 18:13   #3
Stimme der Zeit
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Hallo, Falderwald,

nachdem nun mein Sonett dank deiner "Schützenhilfe" tatsächlich wie ein Sonett aussieht, übergehe ich dezent den Anfang deines Kommentars.

Zitat:
Sehe ich hier die platonische Idee durch die Zeilen durchblitzen?
Wenn ja, bin ich bass erstaunt. Ich habe mir Platon im Web bei Gutenberg Spiegel online Kultur herausgesucht und mir einige Kapitel ausgedruckt. Wie du weißt, beginne ich ja gerade erst, mich in die Philosophie "einzulesen". Bisher habe ich lediglich zwei Kapitel seines Dialogs "Sokrates/Phaidros" durchgelesen. (Friedrich Schleiermanns Einführung war dabei das Schlimmste - bekam er unendlich lange Schachtelsätze bezahlt?)

Da du mir aber Schopenhauer empfohlen hast, bin ich (von der Neugier getrieben) "übergewechselt". Daher muss ich sagen, dass ich noch nicht sehr viel über Platons Idee weiß. Das Sonett dort oben entstammt meinen eigenen Überlegungen, wenn da Platon "durchblitzt", dann ist mir jetzt klar, warum mir das Lesen bisher so gefallen hat ...

(Kurze Frage: Sag mir nicht, dass du Schopenhauers Ansichten über Frauen teilst. Nee, oder? Ihm muss irgendwann eine Frau furchtbar "auf die Zehen getreten" sein.)

Zitat:
Strophe 1

Der Mensch sucht seine Wahrheit dadurch, daß er seine Welt (Uiversum) zu erklären versucht.
Er erfährt immer mehr Wissen durch Einblicke in den Mikro- und Makrokosmos, wobei sich aber immer auch neue Fragen eröffnen.
Bestimmte Strukturen sind klar zu erkennen, andere (noch) nicht.

Ja, meiner Meinung nach ist der Mensch da, um zu lernen. Welchen Sinn würde sonst die Fähigkeit zu lernen haben? Allerdings ist es nun mal (meiner Meinung nach) eine Tatsache, dass jede wissenschaftliche Entdeckung sofort neue Fragen aufwirft. Meine Frage betrifft gerade die Symmetrie, aus deren Bruch heraus das Universum (so wird vermutet) entstanden ist, und die Tatsache, dass wir in einem chaotischen System leben. Also die Form = Symmetrie ist klar, aber die Struktur? Woraus bestand sie, denn wenn Naturgesetze dahingehend auf sie einwirken konnten, dass eine Veränderung entstehen konnte, woraus das "Sein" entstand - kann sie ja nicht "Nichts" gewesen sein, denn wie sollte "Nichts" beeinflusst werden? Vielleicht gibt uns ja eine 26 Kilometer lange Anlage darauf mal eine Anwort.

Strophe 2

Der Mensch projiziert sein abstraktes Denken auf diese Welt und schafft sich damit seine eigene Vorstellung.
In seiner Fantasie findet er wahre Freiheit, er denkt sich nämlich sämtliche Möglichkeiten aus. Damit ist er einzigartig in der Natur.
Dadurch stellt sich letztendllich dir Frage nach der Unsterblichkeit der Seele.

Ja, wobei mein "Denkproblem" immer die Tatsache ist, dass jeder Mensch unmöglich eine exakt identische Vorstellung von Irgendetwas haben kann. Also - was ist eine Rose nun wirklich? Deine oder meine? Nehmen wir tatsächlich nur Vorstellungsbilder wahr? Existiert sie, wenn sie nicht wahrgenommen wird - ich meine, nicht nur bezüglich uns Menschen, wenn Nichts und Niemand sie wahrnimmt, würde sie dann überhaupt existieren, oder ist es nur ihre Form, die unserer Vorstellung unterliegt? Was ist mit ihrem "Sein"? Die Angst vor dem Tod beruht auf dem im Stammhirn fest verankerten Überlebenstrieb - das ist essentiell für das Überleben einer Art, deshalb tun wir uns so schwer damit und suchen ständig nach "Auswegen".

Strophe 3

Es gibt eine Urmaterie oder ein Urteilchen, was den Stoff und somit die Grundlage für alles Seiende bilden muss. Vielleicht ist es auch "nur" eine unfassbare Formel. Auf jedem Fall steht der Mensch noch vor einem gewaltigen Rätsel.
Und was man nicht erklären kann wird mystifiziert.

Ja, das vermutete "Higgs-Teilchen". Mal sehen, ob zwei aufeinandergeschossene Protonen tatsächlich einen Beweis erbringen können. Bleibt abzuwarten, aber schön wär's. Das Rätsel ist ja eher das, was ich zu deinem Kommi bezüglich Strophe 1 angedeutet habe - von Nichts kommt Nichts - also, was war vorher da? Mystifizierung ist der "leichteste" Ausweg. Umgeh den Verstand, dann musst du dir keine Gedanken über Leben und Tod machen ...

Strophe 4

Allerdings entmystifizieren die Wissenschaften immer mehr Glaubensdogmen.
Sie können viel erklären, aber eben nicht alles.
Die Antwort liegt in der Natur, der alles Seiende, ob biotisch oder abiotisch, angehört und wo alles einst wieder enden wird.
So wird der Mensch auch verkraften müssen, daß sein Intellekt eines Tages aufhören wird zu existieren, um wieder zu seinem Ursprung zurück zu kehren.
Aus der Undendlichkeit des Nichts in die Unendlichkeit des Nichts und doch mit allem auf ewig verbunden.

Der Mensch ist begrenzt, und damit auch unser Verstand. Was zu "hoch" für uns ist, können wir nicht begreifen. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf (was die ferne Zukunft betrifft, wenn wir uns nicht vorher selbst aus dem Weg räumen), dass wir uns (evolutionär) weiter entwickeln. Ein Urzeitmensch wäre beim Anblick eines Space Shuttle wahrscheinlich vor Schreck tot umgefallen. Was heute Magie, ist morgen schon Normalität. Nur muss ich dir bezüglich des "Nichts" widersprechen: "Etwas" muss dagewesen sein, aus dem heraus Alles seinen Anfang nahm - denn aus "Nichts" kann nichts entstehen. Was aber dieses "Etwas" war, ist bislang völlig unbekannt. (Was nicht heißt, dass ich es nicht ums Leben gern wissen würde!)
Zitat:
Der Tod bleibt ein Mysterium und damit etwas Unsicheres, also furchteinflössend, denn immerhin besteht die Möglichkeit der völligen und endgültigen Zerstörung des Intellekts und damit des Individuums.
Na ja, ich tröste mich gerade mit der Gehirnforschung. Danach gibt es das "Ich" überhaupt nicht, sondern nur die "Illusion eines Ichs" - eine Art "geistiges Rechenmodell", das einen echten Überlebensvorteil bietet. Kinder unter drei Jahren haben kein "Ich-Bewusstsein", sind sie deshalb keine Menschen? Ich denke, diese Behauptung wäre ja Blödsinn, also ist das "Ich" vielleicht etwas, das die Evolution um des Vorteils willen ins Spiel gebracht hat. Eine Möglichkeit wäre, dass das, was wir für das "Ich" halten, gar nicht unser wirkliches "Ich" ist, sondern etwas Anderes, noch Unbekanntes, weshalb bisherige Defintionen in diesem Fall irrig sein könnten - Illusion hin oder her. Das "Ich" kann nicht wirklich empirisch als "Echt" bewiesen werden, aber ebenso wenig kann die "Illusion" bewiesen werden. Zukunftsmusik, denke ich.

Eigentlich ganz lustig, denn wenn "Ich" nicht bin, dann ist ja völlig wurscht, was aus mir (Nicht-mir) wird, "mich" gibt's ja gar nicht ...
Nein, das glaube ich nicht wirklich, aber diese spezielle "Vorstellung" erheitert mich schon sehr.

Metaphysik würde ich nicht absolut verwerfen, es kommt auf die Betrachtungsweise an - so lange man sie nicht nur "gefühlsmäßig" ansieht, können selbst aus ihr Erkenntnisse gewonnen werden. Sei es auch nur, indem sie das Denken aus "festgefahrenen" Mustern "befreit" und so Raum für neue Überlegungen bietet. Ich glaube, es gibt nichts "Übernatürliches". Alles ist "natürlich" - aber wir Menschen sind noch so jung, im kosmischen Maßstab noch kleine Kinder, deshalb existiert eine wahre Unendlichkeit an Wissen, das wir schlicht noch nicht verstehen können. Ganz zu schweigen von der Begrenztheit unserer Wahrnehmung - nicht mal Infraschall oder Infrarot können wir sehen oder hören. Wie viel existiert noch, das sich außerhalb der Reichweite unserer Sinne und damit unserer Erkenntnis befindet? Im Moment starren wir noch auf unserern Zeigefinger - und sagen uns ständig: "Das ist ein Finger. Das ist ein Finger." Kommt Zeit, kommt Entwicklung. Wenn, wie oben bereits erwähnt, wir uns nicht selbst vorher aus dem "Hiersein" herausnehmen ...

Vielen Dank für deinen ausgesprochen interessanten Kommentar, den ich sehr gerne beantworte!

Liebe Grüße

Stimme der Zeit
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