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Alt 08.11.2009, 09:12   #57
a.c.larin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Auf Platzsuche

Mir war damals auch mächtig kalt - besonders in den ersten Nächten, nachdem ich mein behagliches Quartier bei der alten Dame verlassen hatte.
Mehr durch Zufall entdeckte ich die wärmende Qualtät von Lauftierschnauzen. Diese sind ja zumeist ausgesprochen kaltschnäuzig, doch wenn sie gerade bewegt wurden, wird ihnen warm ums Maul.
Ich trieb mich damals in der Nähe eines menschlichen Jagdplatzes herum.
Die Jagd der Menschen findet nicht etwa in Wald und Flur statt- nein, auch dafür benützen sie eigens dafür errichtete Höhlen. Sie stellen dazu ihr Lauftier auf einem Platz davor ab und holen sich vergitterte Wägelchen, in welche sie dann ihre gesamte Beute einfüllen.
Dass alles, was die Menschen fressen wollen, in einem eigenen Haus eingesperrt ist, finde ich praktisch - so kann das Futter wenigstens nicht weit weg laufen. Auch mir kam dieser Umstand zuhilfe, denn hinter dem Jagdplatz standen auch eine Reihe von Mülltonnen, in denen immer wieder auch etwas für mich Verwertbares zu finden war. Irgendwann einmal wollte ich dort auf einen etwas höheren Kistenstapel springen und benützte dazu eine Lauftierschnauze als Zwischenlandeplatz, aber -oh Wunder! Die Schnauze war ja angenehm warm! Gleich streckte ich mich bäuchlings der Länge nach aus und ließ mich anständig durchwärmen! Von diesem Tag an machte ich es mir zur Gewohnheit, genau darauf zu achten, wer gerade mit seinem Lauftier angekommen war. Dort waren die Schnauzen immer am wärmsten. An besonders kalten Tagen konnte auf diese Weise schon mal ein halber Vormittag damit verbracht werden, die Kälte der vergangenen Nacht aus den Knochen zu vertreiben....
Allmählich wurde es aber wärmer und der Frühling stand kurz bevor.
Da packte mich wieder so eine gewisse Unruhe und ich verließ mein Stammplätzchen beim Jagdrevier. Es war nun die Zeit gekomen, da die Feldmäuse ihre Jungen wafen. Nicht lange mehr, und auf den Feldern würde ein reicher Tisch für mich gedelckt sein! Frischfleisch! Endlich wieder! Auch die Vögel begannen allmählich mit dem Nestbau, ihr Gezwitscher sprach eine deutliche Sprache. Hmmmmm - saftiger Jungvogel, frisch aus dem Nest gefallen....
Ich nahm mein altes Streunerleben wieder auf, nicht ohne die Erfahrungen, die ich bei der alten Dame gemacht hatte, zu nützen. Eines war mir aber klar: Noch vor dem nächsten Winter musste ich mir eine neue Bleibe suchen, denn so angenehm die Lauftierschnauzen auch sein mochten zu Ende eines Winters - im Hochwinter, bei dicker Eis-und Schneelage schienen sie mir doch als Wärmequelle nicht ganz ausreichend zu sein, um mir ein einigermaßen sichers Überleben zu gewährleisten!

So wanderte ich mehr oder weniger ziellos zwischen Feldern und Menschensiedlungen umher, während ich darüber nachdachte, wo meine nächste Unterkunft sein könnte. Eines Tages erreichte ich auf einer dieser Wanderungen auch die Kastanienbaumallee und den kleinen Hof, um den kuschelig gedrängt die Menschhäusern standen. Ich sah mehrere Katzen dort ein- und ausgehen und wusste sofort: Dies hier war ein guter Platz, um fortan behaglich zu leben! Dort, wo kleine Schälchen vor der Haustüre standen, konnte ich zunächst einmal meinen ärgsten Hungen stillen und in aller Ruhe beobachten, wessen Gunst ich mir wohl alsbald zu eigen machen konnte. Eine einzelne alte Dame wäre zwar nett gewesen, doch hatte ich ja nun gelernt, dass auch alte Damen nicht ewig leben. Dann also, so dachte ich mir, vielleicht doch jüngere Leute. Denn allmählich, so wurde mir klar, war mir das Herumstreunen doch zu anstrengend geworden....

Eines Tages sah ich mein späteres Frauchen mit ihrem Lauftier um die Ecke kommen. Sie war wohl gerade auf Jagd gewesen, denn gleich darauf holte sie eine große Tasche aus dem Bauch ihres Lauftieres und ging zur Eingangstür ihrer Wohnhöhle. Während sie noch damit beschäftigt war, diese zu öffnen, kam ich hocherhobenen Schwanzes auf sie zugelaufen und begrüßte sie wie eine alte Bekannte: "Mrrrrauuu! Guten Tag, schöne Dame! Hätten Sie zufällig Verwendung für einen durchtrainierten Hauskater mit Lebenserfahrung? Bin kuschelerprobt und absolut hingabebeständig! Sie werden es sicher nicht bereuen, wenn Sie jemanden wie mich ins Haus nehmen.....!"
Ich weiß nicht, ob sie damals schon mein umfassendes Angebot so verstanden hat, doch sie schien sich über meine Aufmerksamkeiten zu freuen und bedankte sich dafür mit zwei Scheiben Wurst, die sie aus ihrer Einkaufstasche holte....
Da wusste ich: Diese Frau wird meine Zukunft sein!
Und von dem Tag an begann ich mit ihrer Erziehung.......


Wird fortgesetzt!
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Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich!

Geändert von a.c.larin (08.11.2009 um 09:16 Uhr)
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