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Alt 04.03.2018, 16:46   #2
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi EV!

Willkommen zurück unter altem Namen!

Ein schönes, sinnenschweres Gedicht über die Schönheit des Nachterlebens.
Lyrisch hoch verschlüsselte Bilder präsentieren sich dem Leser, beinahe schon zu viele auf engstem Raume, sodass man beim Lesen mit der Übersetzung der Symbolik kaum nachkommt.

Einzig in S3Z3 ist dir ein metrischer Schnitzer unterlaufen: Das "rohem" passt nicht in den Takt, da man es in deiner Version auf Silbe 2 betonen müsste, um im Rhythmus zu bleiben, und das geht gaaaar nicht!

Altern.: "die wie beim feinen Schleifen von Kristall"

S2Z4 - Komma nach "leuchten".


Ein paar weitere stilistische/sprachtechnische Tipps:

Und schleichend gingst du in die Nacht hinein
und bahntest deinen Weg ganz ohne Schatten.
Es war nun Herbst, das Laub im Einsamsein
des Blätterfalls, der Fauligen und Matten,
die leicht und ängstlich sind bei jedem Fall -
sie sollen schweigen, um allein zu sein.

Und klingt das Echo leis im Widerhall
der kleinen Schritte, die du lange hältst,
die, wie beim feinen Schleifen von Kristall
sich selbst entmanteln, leuchten; und du fällst
wie aussortiert in kalte Sternenherde.
Dort steigst und schwebst du bis ins dunkle All.

Dort wird es lauter rauschen als das Meer;
da findet Lärm sich ab mit weiter Stille
und mündet ewig stumm sich streckt sich schwer
ins Nichts. An dessen Ende steht ein Wille:
ganz schwere- und auch namenlos und leer,
singt er im Unbekannten dunkle Lieder.
Und seine Werke werden Welt in dir
und sanft kniest du in Ehrfurcht vor ihm nieder.


Besonders die letzte Strophe erinnert mich schon sehr an Rilke!

Sehr gelungen (bis auf die von mir angezeigten kleinen sprachlichen Feinheiten ... )!

LG, eKy
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