Thema: Abgründe
Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 05.12.2014, 14:15   #3
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

Hi, Sy!

Ein sprachlich schönes Sonett mit leichten technischen Schwächen.

Laß mich in Deine dunkle Seele schauen, Auftaktmäßig klarer: "In deine dunkle Seele lass mich schauen,"
die Finsterniss, sie zieht mich magisch an. Tippfehler "Finsternis".
Kein Sonnenstrahl verschlägt mich in den Bann, Das ist schlecht ausgedrückt (normal: "schlägt mich in seinen Bann"), "verschlagen" tut es einen irgendwohin! Altern.: "Das hellste Strahlen ändert nichts daran,"
ich will nur dich und ewiges Vertrauen.

Abgründe tauchen in ganz seichte Auen, Betonter Auftakt! Auch können Abgründe nicht eintauchen, bloß etwas in sie. Auen sind nicht "seicht". Altern.: "Ein Dunkles lauert in den lichten Auen,"
die Gegensätze treiben uns voran.
Der Tag ist einzigartig und wird dann
die Wolken über uns zusammenbrauen.

Es ist doch leicht: "Ich liebe dich" zu hauchen. Doppelpunkt würde ich entfernen.
Nur dieses Mal, mir liegt die Seele wund. Kein Komma, und "...liegt mir..."
Laß mich an eine Schattenzukunft mahnen,

um in die Schwärze dieser Welt zu tauchen.
Ich kenne nicht den abgrundtiefen Schlund,
die Dunkelheit samt nahen Todesahnen. Dativ: "nahem".


Inhaltlich komme ich nicht so recht mit: Erst will das LyrIch sich einem offenbar "dunklen" Charakter verschreiben, ihm ganz vertrauen können (naiv?).
Das Gegesätzliche in der Welt soll die Beziehung festigen (Hä?), und jeder Tag soll einzigartig sein.

Der Begehrte soll seine Liebe gestehen, aber dem LyrIch "liegt (plötzlich) die Seele wund" (warum?). Nun beschwört das LyrIch eine düstre Zukunft, will - statt ins Dunkel der Partnerseele - in die Finsternis der Welt tauchen, von der es im gleichen Atemzuge behauptet, sie nicht zu kennen, wie auch das damit verbundene Moribunde.
Sprachlich fraglich: Warum muss man erst an eine "Schattenzukunft" mahnen, UM dann in die "Schwärze der Welt" tauchen zu können? Unlogische Verknüpfung.

Also ich sehe da leider keinen roten Faden - vielleicht habe ich irgendeine Symbolik nicht erkannt oder falsch gedeutet???

Klingen tut es aber hervorragend! Liest sich "süffig" wie ein guter Wein.

Darum sehr genossen!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (06.12.2014 um 08:21 Uhr)
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten